Der Imker Schweiz 2013 – 107min.
Filmkritik
Volk ohne Land und Mann ohne Volk
Der syrische Kurde Mano Khalil hat sich nach seinem gelungenen Poly-Porträt Unser Garten Eden auf einen Stammesvetter konzentriert, den türkischen Kurden Ibrahim Gezer, der erst vor wenigen Jahren und im Alter von über 55 Jahren bettelarm in die Schweiz flüchten konnte. Dass sein Werk trotz des interessanten Sujets nicht überzeugt, hat mehrere Ursachen, die nur zum Teil aufs Konto der Regie gehen.
Die Lebensgeschichte des syrisch-kurdischen Regisseuers Mano Khalil, selbst längst Schweizer Bürger, ist mindestens so interessant wie diejenige von Ibrahim Gezer, eines türkischen Kurden, der in der Schweiz gestrandet ist, nachdem er beinahe alles verloren hatte. Gezer wurde 1946 im kurdischen Teil der Türkei geboren, und die Geschichte seiner Verluste beginnt bereits im Alter von vier Jahren, als sein Vater umkommt.
Trotz dieses schwierigen Starts ins Leben ist Gezer keineswegs ein Versager - im Gegenteil: Er entdeckt seine Liebe zu Bienen und kann als Honigproduzent und Bienenzüchter eine angesehene Stellung in der Gesellschaft und eine gesicherte Existenz erlangen. Doch in den 1990er-Jahren eskaliert der Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den nach Autonomie strebenden Kurden, und Gezer wird in den Strudel aus Repression und Vergeltungsmaßnahmen hineingerissen.
Die Geschichte Gezers und seiner Familie reichert Mano Khalil mit Schilderungen von Schlüsselereignissen an und lässt so das bewegte und bewegende Schicksal plastisch werden. Leider wird Gezers Persönlichkeit nicht annähernd so plastisch. Der ist nämlich schwer zu knacken: Er versteht kaum ein deutsches Wort, geschweige denn kann er sich verständlich auf Deutsch artikulieren, aber auch auf Kurdisch ist ihm kaum ein zusammenhängender Satz zu entlocken. Das ist kein Wunder, wenn man die vielen Schicksalsschläge kennt, die er wie ein Boxer nehmen musste, ohne zu Boden zu gehen.
Wer denkt, dass die Schweiz ein sicherer Hort wäre, wird eines besseren belehrt: Auch hier schlägt nicht nur der lange Arm des Gesetzes und der Bürokratie unbarmherzig zu, auch das Schicksal hat noch so manch üble Überraschung in petto. Handwerklich problematisch sind auch viele gestellte Szenen wie Besuche auf Ämtern und Besprechungen mit Fachleuten, aber auch einige Szenen im privaten Umfeld und im Kontakt mit einer befreundeten Schweizer Familie wirken nicht natürlich. Die Jury in Solothurn 2013 vergab für diesen Appell an die Barmherzigkeit den "Prix de soleure".
Dein Film-Rating
Kommentare
Sehr intersanter Doku Film über Türken in der Schweiz, das Vorurteile über Ausländer vergessen lässt.
Ein überzeugender Film, der mit bewegenden Bildern und Aussagen die harte Realität eines kurdischen Flüchtlings mir nahebringt; der Imker Ibrahim Gezer -trotz Verfolgung und Leid über Jahrzehnte sympathisch und herzlich geblieben - spricht mich an, ich spüre ihn als Menschen und als leidenden Vater sehr plastisch, auch wenn ich kein Kurdisch verstehe - der Film und der Imker überzeugen!
Unverständlich und schade ist nur, dass Ihr Filmkritiker oberflächlich und ziemlich abschätzig urteilt: "... Er [der Imker] versteht kaum ein deutsches Wort, geschweige denn kann er sich verständlich auf Deutsch artikulieren, aber auch auf Kurdisch ist ihm kaum ein zusammenhängender Satz zu entlocken. " Hat der Filmkritiker geschlafen, während der Imker mit seinem Enkel spielte, oder als er tiefbewegt die Videos von seinem Sohn unter den Guerillas oder kurz darauf dessen Todesanzeige in der Zeitung betrachtete? (UG)… Mehr anzeigen
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