L'inconnu du lac Frankreich 2013 – 97min.
Filmkritik
Gefährliches Begehren
In konzentrierten Bildern erzählt der französische Filmemacher Alain Guiraudie von einem Schwulentreffpunkt an einem idyllischen See, der zum Schauplatz eines Mordes wird. Während die Mischung aus Drama und Thriller formal eigenwillig daherkommt, kann sie inhaltlich nur bedingt überzeugen.
Fast täglich besucht der gutaussehende Franck (Pierre Deladonchamps) einen kleinen See, der sich als Treffpunkt Homosexueller großer Beliebtheit erfreut. Eines Tages begegnet er dort dem etwas abseits sitzenden Henri (Patrick d'Assumçao), der allerdings nicht an Männern interessiert zu sein scheint. Franck kommt mit ihm ins Gespräch, wirft gleichzeitig aber auch ein Auge auf den charismatischen Michel (Christophe Paou). Obwohl er kurz darauf beobachtet, wie dieser seinen Geliebten im See ertränkt, entwickelt Franck starke Gefühle für ihn und gerät damit in ein Netz aus Leidenschaft und Abhängigkeit.
Mit klassischem Mainstream-Kino hat der in Cannes gefeierte L'inconnu du lac sicherlich nicht allzu viel gemein. Dafür sorgen schon die stellenweise sehr expliziten Sexszenen, die Regisseur Alain Guiraudie wie selbstverständlich in das nur langsam voranschreitende Geschehen einbindet. Es sind keine großen Höhepunkte oder Provokationsmomente, auf die der Film gezielt hinarbeiten würde, sondern ganz gewöhnliche Vorkommnisse, wie sie an einem Cruising Spot nun einmal zu beobachten sind. Vertrauensvolle Gespräche, entspanntes Sonnenbanden und die Suche nach sexueller Befriedigung in einem kleinen Wäldchen hinter dem See gehen fast fließend ineinander über.
Eingefangen wird dieser ritualisierte Zeitvertreib in zumeist sehr statischen und lang gefilmten Einstellungen. Reduktion scheint das oberste Ziel Guiraudies zu sein. Er konzentriert sich ganz auf den Schauplatz des Sees und dessen direkte Umgebung, verzichtet bewusst auf jeglichen Musikeinsatz, verwendet nur natürliches Licht und erzeugt so eine recht eindringliche Atmosphäre. Die auftretenden Figuren existieren fast ausschließlich in diesem Kosmos. Was Franck ansonsten in seiner Freizeit treibt, wie er wohnt oder wo er arbeitet, entzieht sich der Kenntnis des Zuschauers.
Ganz offensichtlich will der Regisseur mit dem von Michel begangenen Mord die bedrohliche Seite des Begehrens ausleuchten, wirklich ausgereift präsentiert sich das Drehbuch in diesem Zusammenhang aber nicht. Zu undurchsichtig sind die Motive der Protagonisten, zu schleppend der weitere Handlungsverlauf und zu konstruiert die blutigen Entwicklungen gegen Ende des Films. Trotz interessanter Ansätze hinterlässt L'inconnu du lac so einen eher zwiespältigen Eindruck.
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Kommentare
Etwas weniger explizite Sexszenen hätten dem Film gut getan. Ansonsten tipptopp.
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