Of Horses and Men Deutschland, Island, Norwegen 2013 – 81min.
Filmkritik
Auf Pferdeaugenhöhe
Island hat mehr als Vulkane, Björk und Pleitebanken zu bieten. Das kleine, aber feine Filmschaffen spült immer wieder skurrile Perlen ans kontinentale Festland. Benedikt Erlingsson verlängert die Perlenkette mit einer witzigen Burleske, deren originelle Figuren in der dünnbesiedelten Landschaft beinah surreale Schwierigkeiten meistern müssen. Sein erster Spielfilm gewann diverse Preise und bietet eine Serie von mal drastischen, mal lakonischen, aber immer grotesken Episoden, die man nicht so schnell vergessen wird.
Wenn es im Abspann heist, keinem Pferd wurde etwas zuleide getan, dann wirkt das einerseits ironisch, andererseits könnte man noch wissen wollen, ob auch keinem Menschen etwas angetan wurde, denn leicht haben es diese Menschen in der kargen, dünnbesiedelten Landschaft nicht. Und sie machen es sich noch schwerer, wenn sie ihr vermeintliches Recht handgreiflich durchsetzen, wenn sie ihre Bedürfnisse ohne Rücksicht auf etwaige Risiken befriedigen oder wenn sie ein Pferd grausam bestrafen, ohne an die Konsequenzen zu denken.
Menschen und Pferde sind in dieser Region, weit weg von den zivilisatorischen Annehmlichkeiten, symbiotisch aufeinander angewiesen - trotz Traktoren, Geländwagen, Schiffen und Flugzeugen. Ein Pferd kann nur nicht fliegen, sonst kann es alle Transportaufgaben lösen. Diesen Umstand nutzen ihre Besitzer weidlich aus. Allerdings: Nicht alles, was geht, ist auch gut. Mehr als einmal hat man den Eindruck, dass der Verstand dieser Gemeinschaft von Menschen und Pferden eher in den Köpfen der Pferde residiert, denn die Menschen handeln nicht weniger triebgesteuert und spontan als die Pferde - nur wissen sie weniger, was ihnen schadet, und sie sind von allerlei typisch menschlichen Gefühlen und sozialen Konzepten beeinflusst, von denen Neid, Rache, Ehrgeiz und Kompromisslosigkeit nicht die feinsten sind. Es wird deshalb viel beerdigt.
Regisseur Benedikt Erlingsson konnte mit zwei preisgekrönten Kurzfilmen Regieerfahrung sammeln und er arbeitet schon lange als Schauspieler und Autor in der Branche. Sein Werk glänzt mit seiner visuellen Wucht: die karge Landschaft, die schroffen Felsen, das Meer, der Himmel, die Pferdeherden, das Reiten, viele Nahaufnahmen - oft auf Pferdeaugenhöhe. Und mit einer adäquaten Tonspur, wenn beispielsweise das Stöhnen und Jauchzen beim Geschlechtsakt zweier Hauptfiguren in die Warnlaute beim Treiben der Wildpferde übergeht. Apropos Tonspur: Ist der Sprachenmix - nicht weniger als sechs sind zu hören - die Zukunft des europäischen Kinos?
Dein Film-Rating
Kommentare
Der Anfang ist vielversprechend und mit ordentlich lakonischem Humor angereichert, aber leider sind nicht alle Episoden gleich sehenwert und so ist der Film trotz sehr kurzer Laufzeit mitunter sogar etwas zäh.
Skurril, liebenswert - war das wirklich in Island - nicht in den Schweizer Alpen, auf dem Land?:))
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