Verliebte Feinde Schweiz 2012 – 112min.
Filmkritik
Gegen den patriarchalischen Mief
Verliebte Feinde erzählt in einer gelungenen Mischung aus Spielfilm, Archivaufnahmen und Zeitzeugenaussagen von der bewegten Beziehung zwischen der Feministin Iris von Roten und dem Politiker Peter von Roten.
"Bald bist Du mir Schatz, Gold, Edelstein, bald wieder Tyrann mit Peitsche und Knute, gegen den nur Dolch und Gift nützt. Ich bin tatsächlich oft innert einer Viertelstunde Dein Todfeind und Dein Anbeter", schreibt Peter von Roten kurz vor der Heirat an Iris Meyer. Die Passage kennzeichnet ihre Beziehung: Sie streiten sich, suchen Abstand, sie verbringt Monate in den USA - und doch sehnen sie sich nacheinander und kommen wieder zusammen.
Die Basler Juristin und Feministin Iris Meyer, später Iris von Roten, wurde bekannt durch ihr Buch "Frauen im Laufgitter", in dem sie die wirtschaftliche, politische und sexuelle Gleichberechtigung von Mann und Frau forderte und damit 1958 für Aufruhr sorgte. Als Richter und Nationalrat setzte sich auch der Walliser Peter von Roten für die politische Gleichstellung der Frauen ein. Die beiden lebten Gleichberechtigung und freie Liebe auch in ihrer Beziehung und eckten damit in der bigotten Gesellschaft an.
Werner Schweizers Film basiert auf der gleichnamigen Biografie, die Wilfried Meichtry 2007 anhand von Tagebucheinträgen und rund 1500 Briefen verfasste. Schweizer hat sich für eine Kombination aus Spielfilm und Dokumentarfilm entschieden - ein heikles Format, denkt man an gewisse Fernsehdokumentationen mit hilflosen Spielfilmeinsprengseln. Hier aber funktioniert die Kombination erstaunlich gut, denn die fiktiven Szenen dienen nicht bloss der Illustration, Abwechslung oder Stimmungsmache. Vielmehr steht der Spielfilm im Zentrum und ist - abgesehen von einigen hölzern wirkenden Nebenfiguren - entsprechend sorgfältig besetzt. "Ein Produkt aus 2000 Jahren katholischer Antisexualität", nennt sich Peter von Roten einmal. Diese Zerrissenheit zwischen katholisch-konservativer Herkunft und eigenständigem freien Denken bringt Fabian Krüger glaubwürdig zum Ausdruck, und Mona Petri gibt Iris von Roten mondän und selbstbewusst.
Archivmaterial - Heimvideos und Schwarzweiss-Fotos - sowie sparsam eingesetzte Aussagen von Zeitzeugen bilden die Brücke zur Realität. Die Interview-Ausschnitte vertiefen dort, wo der Spielfilm an der Oberfläche bleibt. Obwohl der Film von einer brisanten vergangenen Zeit handelt, weist er bis in die Gegenwart hinein - ob es nun um das Beharren auf alten Zöpfen oder das Vereinen von Kindern und Karriere geht. Und nach wie vor beeindruckt das Paar, das unbeirrt neue Wege ging, obwohl es ständig mit dem Scheitern konfrontiert war.
Dein Film-Rating
Kommentare
Intersanter Doku-Spielfilm über eine nicht so ganz nachvollziehbare Liebesgeschichte und über die Schweiz von Anno dazumals, das ganze ist von Mona Petri und Fabian Krüger grandios gespielt.
Ein sehr guter Film, der mir zwei Persönlchkeiten der Schweiz näher brachte. Im Rückblick ist es auch interessant, wie damals gegen die Entwicklung der Frau argumentiert wurde.
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