Win Win Belgien, Schweiz 2012 – 100min.
Filmkritik
Chinesinnen bezaubern das Jura
Inspiriert von einer wahren Begebenheit bringt der Genfer Regisseur Claudio Tonetti das Halbfinale der Misswahl Chinas in die Schweiz. Zwei Welten prallen aufeinander und haben vor allem eines: närrischen Spass.
Man kann viel Schlechtes sagen über Win Win: provinzielle Thematik trotz Globalisierungsversuchen, mittelmässige Schauspieler, vorhersehbare Story, schale Klischees, flache Pointen... etwa wie ein gewöhnlicher Sonntagabendfilm auf der Mattscheibe. Gleichwohl entwickelt der Film einen gewissen Charme und schafft es, den skeptischen Zuchauer mit Jurawitzen und bürgerlichen Eheproblemchen um den kleinen Finger zu wickeln. Beim Happy-End erwischt man sich sogar dabei, beim Abschiedsgewinke ein wenig mitzufühlen. Vorausgesetzt man erwartet nicht zu viel.
Zu Beginn: Ein frustrierter CVP-Bürgermeister von Delémont (Jean-Luc Couchard) sieht trotz provozierender Pressekampagnen seine Chancen auf einen Sitz im Bundesrat schwinden. Seine Partei setzt auf die Rettung der lokalen Kaserne statt auf den von ihm propagierten, urbanen TGV. 200 Arbeitsplätze, das bringt Wählerstimmen hoch oben in den Bergen. Als ihm ein chinesischer Freund und lokaler Uhrenhersteller (Xiaoxing Cheng) vorschlägt, das Halbfinale der Miss China in die Schweiz zu holen, sieht er darin den perfekten Strategiecoup für seine stagnierende Karriere.
Win Win lautet das etwas überstrapazierte Motto dieser Heimatkomödie. Jeder strebt darin danach, seine Interessen in dem Miss-Coup zu behaupten: der Politiker den Karrieresprung, der Uhrenhersteller die Vermarktung seiner Präzisions-Uhr mit dem kreativen Namen Heidi... Die Geschichte dreht sich ab dem fixierten Deal mit einer chinesischen Fernsehstation ganz um die Schönheiten des kommunistischen Hoffnungsträgers, die anstatt der versprochenen Paläste und romantischen Berge die raue Wirklichkeit des Schweizer Landlebens kennenlernen: übernachten in der Scheune, Kühe melken, Mücken und selbstverständlich Käseverkostung en masse. Die harte Tour. A la Jurassier.
Die Hot Spots der Schweiz bleiben leider ungesehen, denn das Geld ist knapp. Tourismus Schweiz hat die eitle Schulter gezeigt, die Sponsoren wollen auch nicht so recht. Da besinnt man sich der heimischen Werte und umwirbt die Bauern der Region. Hier holt die Fiktion die Realität ein: Auch Claudio Tonetti hatte arge Probleme, Geldgeber für seinen Film zu finden, nachdem das Westschweizer Fernsehen zuerst absagte. Er legte – wie sein Bürgermeister im Film – sogar privates Geld drauf. Am Ende: Die hübschen Mädels Chinas fliegen wieder heim. Das Jura ist abermals so idyllisch langweilig wie zuvor.
Dein Film-Rating
Kommentare
Ich hab mich selten so amüsiert wie diesen Film, schauend und geniessend. Ganz toll gemacht - witzig und innovativ. Eine Ueberraschung nach der anderen... sehr zu empfehlen. Herzlichen Dank allen Machern!!!
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