Feuerwerk am helllichten Tage China 2014 – 106min.

Filmkritik

Kühle Frau und warmherziger Polizist

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wenn ein Regisseur an der Berlinale den Goldenen Bären für den besten Film und einen silbernen Bären für seinen Hauptdarsteller gewinnt, darf man sein Werk wohl als sehenswert einstufen. Ohne Zweifel gilt das für Diao Yinans dritten Spielfilm, der im schneereichen Norden Chinas eine dichte Atmosphäre im Stile des Films noir um seinen Kriminalpolizisten aufbaut, der ein Verbrechen nicht aufklären kann, seine Stelle verliert und auf eigene Faust recherchiert. Eine unnahbare, schöne Frau gerät dabei in seinen Fokus, was seine Aufgabe nicht vereinfacht.

Diao Yinan dreht nicht nur Filme, er arbeitet als Theaterregisseur und Drehbuchautor. Daneben kennt er offenbar das westliche Filmschaffen ziemlich gut. Sein dritter Spielfilm ist ein starkes Werk, das mit seiner dichten Atmosphäre und seinen am Film noir orientierten Bildern an der Berlinale den Goldenen Bären für den besten Film und gleich noch einen silbernen Bären für seinen Hauptdarsteller einsackte.

Yinans Erfahrung als Dramatiker schlägt schon im Drehbuch durch, das an Hitchcock erinnert, auch wenn es in großen Zügen dem Genre des Polizistenfilms folgt: Ein ungeklärtes Verbrechen, ein Kriminalpolizist, der mit dem Fall betraut war, verliert seine Stelle, der Fall lässt ihn aber nicht los, er untersucht auf eigene Faust, kehrt wieder an den Ausgangspunkt seiner dienstlichen Analyse zurück, eine unnahbare, schöne Frau u.s.w.

Das wäre auch mit dem wenigen Personal, dem Zeit und Raum gegeben wird, sich ein wenig zu entwickeln, ein normaler Film, käme er nicht aus China. Uns werden allerdings keine Menschenmengen, keine Riesenstadt, keine spiegelnden Hochhausfassaden, keine Kung-Fu-KämpferInnen, keine Triaden und kein Historienschinken gezeigt. Fern von den Metropolen wird uns ein China der Unterschicht vorgeführt, in dem die Menschen in billigen Bars, kleinen Reinigungen, klapprigen Zügen, Bussen und Trams verkehren, die Polizisten keine Privilegien genießen und ihre seltenen Erfolge in einfachen Restaurants feiern müssen.

Dieses Gegenbild gab vielleicht einen Preisbonus, zumal das Drehbuch trotz seiner hohen Qualität in der Figurenzeichung und logischen Konstruktion nicht alles preisgibt sowie der prämierte Hauptdarsteller doch in einigen schwierigen Szenen einen Tick zu glatt, zu gut aussieht. Aber die Ruhe der Inszenierung, die Präzision der Bilder, die sich keinen Ausflug in die Oberschicht leistet, die gün-gelb-grautönigen Farben im schneereichen Norden Chinas entwickeln einen Sog, dem man gern nachgibt. Dieser Film ist anders, und er ist gut so.

16.04.2024

4

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Mehr Filmkritiken

Gladiator II

Red One - Alarmstufe Weihnachten

Venom: The Last Dance

Typisch Emil