Filmkritik
Christian Schocher, Filmemacher
Fast ein halbes Jahrhundert führte der 1946 geborene, gelernte Fotograf Christian Schocher das Kino "Rex" im bündnerischen Pontresina – und seit den 1970er-Jahren realisiert er eigene Filme. Einer hat sogar international Kultstatus erlangt: Reisender Krieger (1981). Nun würdigen Marcel Bächtiger und Andreas Mueller den Freigeist Schocher in einem klugen, sensiblen, erhellenden Porträt.
Ausgangslage bildet Schochers schmales Werk, das 1975 mit der Dokumentation Die Kinder von Furna begründet wurde. Andere Schwerpunkte waren Reisender Krieger (1981), die Odyssee eines sinnsuchenden Kosmetikvertreters durch eine Schweiz fern der Postkarten-Idylle. Sowie der völlig verkannte Heimatwestern Das Blut an den Lippen des Liebenden (1978). Schocher liess sich dabei vom schwedischen Regisseur Ingmar Bergman und den Italo-Western-Mitbegründern Sergio Corbucci und Sergio Leone inspirieren.
Das Autorenduo Bächtiger und Mueller macht den sperrigen Charakter des stets avantgardistischen Schocher transparenter. Vielleicht darum, weil der medienscheue Solitär des Schweizerfilms von den jungen Kollegen an Schauplätzen befragt wurde, die ihm vertraut sind? Item, Schocher erweist sich als eloquenter Erzähler, gewährt fast schon intime Einblicke in seine Biographie und seinen künstlerischen Kosmos. Notabene mit einem Flair für die ironisierende, schalkhaft-charmante Selbstinszenierung.
In Christian Schocher, Filmemacher wird wohltuend auf Fachexperten-Statements verzichtet, dafür kommen Wegbegleiter, "copains" zu Wort. Etwa Heinz Lüdi - Jugendfreund, filmischer Mitstreiter und heute Pfarrer -, den eine zwar belastete, aber herztiefe Lebensfreundschaft mit Schocher verbindet. Interessant sind die Anmerkungen des etwas älteren, populären Filmer-Urgesteins Clemens Klopfenstein, der in Reisender Krieger kongenial die Kamera führte. Er blickt zurück auf die bizarr-chaotischen Dreharbeiten und liefert wichtige Puzzlesteine zum Verständnis von Schochers Filmemacher-Philosophie. Dazu gehört - salopp gesagt – dessen geradezu anarchistische Verweigerung gegenüber allen Vermarktungs- und staatlichen Filmförderungs-Szenarien.
Gut, dass Bächtiger und Mueller ihrem kernigen Protagonisten weder devot hofieren noch thesenartig versuchen, sein mythenumflortes Schaffen zu erklären. Die Autoren sind neugierige Beobachter eines reisenden Kriegers in Sachen Film, dessen jahrzehntelanges Tun (und Lassen) im Gesamten wie ein langer Selbstfindungsprozess anmutet. Und: Parallel mit dem Filmporträt werden Christian Schochers fein restaurierte Arbeiten wieder aufgeführt. Da gibt es einiges zu entdecken!
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