Difret - Das Mädchen Hirut Äthiopien, USA 2014 – 99min.

Filmkritik

Um Schutz und Scham, Recht und Würde

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Patriarchalische Gepflogenheit und Gewalt gegen Frauenrecht und Menschenwürde: Der Äthiopier Zeresenay Berhane Mehari, greift einen Fall aus dem Jahr 1996 auf. Die 14-jährige Hirut wird entführt, vergewaltigt und erschiesst ihren zukünftigen Ehemann. Sie wird wegen Mordes angeklagt. Ein Drama mit Wirkung, koproduziert von Angelina Jolie.

Immer wieder geraten Mädchen und Frauen in die Schlagzeilen, denen Gewalt und krasses Unrecht angetan wurde – vom Nahen Osten über Afrika bis Asien. Zeresenay Berhane Mehari hat sich eines Falls aus dem Jahr 1996 angenommen. Es geht vordergründig um eine dörfliche Tradition, der Telefa, einer Entführung zwecks Eheschliessung, in Wahrheit aber um Zwangsheirat, Recht und Würde der Frau.

Die 14-jährige Hirut Assefa (Tizita Hagere) ist wissbegierig. Zusammen mit ihrer Schwester geht sie begeistert zur Schule. Auf dem Heimweg wird sie von einer berittenen, bewaffneten Männergruppe verfolgt, eingekreist und ins Nachbardorf entführt. Eingesperrt in eine Hütte, wird ihr Gewalt angetan, sie wird vergewaltigt. Sie flieht, greift zum Gewehr und erschiesst ihren zukünftigen Ehemann. Ihr droht der Tod, so will es eine alte Tradition, die Telefa. Demnach hat der Mann das Recht, seine Auserwählte zwecks Heirat zu entführen, Vergewaltigung offensichtlich inbegriffen. Eine unerträgliche Vorstellung.

Der Ältestenrat des Dorfes spricht eine Verbannung aus. Die Eltern sind hilflos, sie nehmen Hiruts jüngere Schwester von der Schule. Der Lehrer gilt als Verantwortlicher für die Gegenwehr der entführten Braut. Hirut – verschüchtert, geschunden, eingesperrt und des Mordes angeklagt: Die selbstbewusste Frauenrechtlerin Meaza Ashenafi (Meron Getnet) aus der Hauptstadt Addis Abeba nimmt sich des Mädchens an. Die Anwältin, Aktivistin und Begründerin der Hilfsorganisation EWLA (European Woman Lawyers Association) kämpft gegen Windmühlen, sprich gegen Traditionen, verkrustete Gesetze und einen männlich dominierten Staatsapparat. Der Prozess gegen Hirut zeigt Wirkung. Die Telefa-Tradition wurde verboten, offiziell in ländlichen Gegenden nicht mehr praktiziert, ist aber nicht totzukriegen.

Der Spielfilm hat über weite Strecken dokumentarischen Charakter. Kleine Szenen genügen, um Begebenheiten zu schildern, Stimmungen zu wecken – etwa nach dem Vergewaltigungsakt oder beim Verhalten des Ältestenrats. Das kommt alles sehr authentisch rüber, sieht man einmal von dem etwas hollywood-artigen Ende ab. Getragen wird der Film von den beiden Hauptdarstellerinnen Meron Getnet, einer professionellen Schauspielerin, Poetin und Theaterautorin, sowie Tizita Hagere, die als angehende Schauspielerin mit urbanem Hintergrund agiert. Stark. Ein wichtiger, eindrücklicher Film, vom Staat unterstützt, nicht nur für Äthiopien, sondern für alle, denen es um Menschenrechte und Gleichberechtigung geht.

28.08.2024

3

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Kommentare

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Filmenthusiast

vor 9 Jahren

Sehr bewegend, das halbe Kino hat geheult. Der Fikm kommt so authentisch rüber, dass man ins Geschehen einsinkt, mitfühlt, mitfiebert, und über die Wertvorstellungen/ Traditionen/Perspektiven nachgrübelt, die hier aufeinandertreffen. Kino wie Kino sein soll, weckt starke Emotionen und man geht danach ein Stück "gescheiter und weiser" nach Hause.Mehr anzeigen


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