Alice und das Meer Frankreich 2014 – 97min.
Filmkritik
Allein unter Männern
Ein Handelsschiff, eine Männercrew und eine Frau: Alice fährt zur See und hat zwei Geliebte, einen an Land und einen an Bord. Ihre persönliche Gefühlsodyssee ist das Thema des sinnlich-besinnlichen Liebesfilms von Lucie Borleteau – in ungewöhnlichen Kulissen.
Ein Liebespaar am Strand. Liebeslust. Alice liebt den Comiczeichner Felix (Anders Danielsen Lie). Man trennt sich – zwangshalber. Denn Alice ist Maschinistin und fährt zur See – auf dem Frachter «Fidelio» von Marseille durch den Ärmelkanal bis Danzig. Sie ist die einzige Frau an Bord und Nachfolgerin des Maschinisten Le Gall, der zu Tode kam. Genauere Umstände kennt man nicht. Seebestattung. Alice findet das Logbuch des Toten: sein Tagebuch über Probleme an Bord, Begehren, seine Sehnsüchte und Einsamkeit.
Alice, selber Begehrlichkeiten einzelner Matrosen ausgesetzt, verliebt sich in den Kapitän der "Fidelio", Gaël (Melvil Poupaud). Nicht zufällig, denn der kernige Kerl ist ihre erste grosse Liebe, die nun neu entfacht wird. Liebe an Bord und Liebe in der Ferne. Alice gibt ihren Begehren nach – nach beiden.
Eine Heldin auf Gefühlsodyssee, glaubhaft, stark und doch sehr feminin verkörpert durch Ariane Labed, mit vollem Einsatz zwischen Bett, Meer und Maschinen. Überhaupt zeichnet sich dieses Liebesdrama der Filmautorin Lucie Borleteau durch seine dokumentarische Authentizität und Atmosphäre aus. Hier die Weite der Meere, die dunklen Häfen, dort die Enge des Maschinenraums, der Kajüten. Borleteau drehte überwiegend auf einem Schiff.
Kein Seeabenteuer, eher eine Reise in die Gefühls- und Liebeswelt einer Frau: Ausser einem Seebegräbnis, geselligen Gelagen und einem Feuerausbruch an Bord passiert nichts Ungewöhnliches, sieht man einmal von Alices Liebesleben ab. "Fidelio" spielt in einem Mikrokosmos und erweist sich als dichter, hautnaher Film über ein Leben unter Männern, über Langeweile, Einsamkeit und Begehren.
Alice schwankt, probt ihre Gefühle, ihre Lust. Sie kann und will sich nicht für einen Geliebten entscheiden. "Es ist mir wichtig, dass Sex immer mit Freude und Lebenslust verbunden ist", erklärt Filmerin Borleteau. "Er ist nie morbide oder gefährlich. Und wenn Alice es mit einem Mann zu tun bekommt, der sie nötigen will, weiss sie sich zu helfen."
Fidelio - das ist die intime Odyssee einer liebenden Frau, die wohl ankommt (in Danzig), aber nicht weiss, wohin sie die Reise weiterführt.
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Kommentare
Toller Film! Die Stimmung auf so einem riesigen Schiff kam gut rüber, nicht zuletzt wegen der guten Leistung der Hauptdarstellerin.
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