Parcours d'amour Frankreich, Deutschland 2014 – 81min.

Filmkritik

Parcours der einsamen Herzen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Sie sind nicht mehr jung, aber flott drauf. Sie schwingen das Tanzbein aus Lebenslust und Sehnsucht. Die Filmerin Bettina Blümner hat eine Handvoll Pariser und Pariserinnen über ein Jahr lang begleitet auf ihrem Parcours d'amour. Ein charmanter Film über rüstige Tänzer und Tagträume.

In manchen Grossstädten gibt es sie noch – die organisierten Stelldicheins für gesetzte Herrschaften, zum Tanztee. Man findet sie tatsächlich noch in Berlin, Paris oder anderswo, regelmässige Tanzveranstaltungen für Menschen 50 oder 60plus.

Sie haben ihr Leben gelebt – aber doch nicht ganz. Gino, Anfang 70, und Eugène, Anfang 80, sind zwar pensioniert, aber gleichwohl rüstig unterwegs auf den Tanzflächen der Pariser Tanzcafés. Gino, als junger Mann aus Kalabrien nach Frankreich gekommen, und Eugène, der in Algerien aufgewachsen ist, sind dicke Freunde und suchen ihr kleines Glück in Tanzlokalen. Sie lieben Frauen, aber nicht nur eine. Mono – das geht ihnen gegen den Strich. Gino hat zwar eine feste Freundin in Südfrankreich, mit der er auch in die Italienferien geht. Doch das füllt seine Pariser Nachmittage nicht aus. Beide Männer haben ihre Wehwehchen und Prostataoperationen hinter sich. Sie hadern nicht mit dem Schicksal, sondern machen das Beste draus und sich auch mal über die eigene Malaise lustig.

Auch Christiane, Anfang 70, und Freundin Michelle, Mitte 60, sind solo, haben sich von ihren Männern getrennt und stützen sich gegenseitig. Einen Partner zu finden, ist schwierig. Viele Männer suchen nur ein kleines Abenteuer oder sind verheiratet. Einer, bei dem Tanzen zum Job gehört, ist der Eintänzer Michel, Mitte 60. Er macht Frauen professionell den Hof – auf Bestellung. Er ist ein Mann für gewisse Stunden – von Beruf Taxiboy. Ob seine Dienste auch Aktivitäten über die Tanzfläche hinaus einschliessen, erfährt man nicht. Für 60 Euro die Stunde oder 200 Euro für 4 Stunden steht er seinen Mann – höflich, zuvorkommend, charmant als Gentleman.

Die gebürtige Düsseldorferin Bettina Blümner (Scherbenpark) lebt in Berlin und hat ein Jahr lang eine Handvoll Pariser und Pariserinnen über 60 begleitet, die ein bisschen Glück in Tanzcafés suchen. Sie dokumentiert liebevoll das unschuldige Treiben zwischen Rumba, Tango und Walzer. Ihre Traumfrau finden die Rentner freilich ebenso wenig wie die angejahrten Damen ihren Traumtänzer. Auf dem Parcours d'amour lebt die Hoffnung immer wieder neu, auch wenn die Lichter gegen Abend ausgehen. Der Film ist sympathisch, auch wenn er etwas geschönt scheint. Er hat Schalk und plädiert für Lebenslust, auch wenn er nicht verschweigt, dass Tanzfreude Einsamkeit letztlich nicht vertreiben kann.

19.05.2015

4

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