Red Army Russische Föderation, USA 2014 – 76min.

Filmkritik

Eiskalter Krieg

Filmkritik: Eduard Ulrich

Die Eltern des Politikwissenschaftlers Polsky stammen aus der Sowjetunion, er ist in den Vereinigten Staaten aufgewachsen, spielt seit seiner Kindheit Eishockey und war schon lang von der einzigartigen Siegesserie der legendären sowjetischen Eishockey-Mannschaft fasziniert. Den Kapitän dieser Formation nimmt er nun ins Krezuverhör und arbeitet mit viel attraktivem Archivmaterial die Hintergründe dieser Erfolgsgeschichte heraus. Dass er fortwährend Parallelen zum Kalten Krieg zieht, verleiht seiner Dokumentation eine künstlich dramatisierte Atmosphäre, die eher stört.

Die Eltern des Regisseurs kehrten der Sowjetunion den Rücken und wanderten in die gegenspielerische Union ein, in die Vereinigten Staaten - der südlichen Hälfte Nordamerikas. Gabe Polsky wurde dort geboren, bekam als Sechsjähriger Schlittschuhe und erreichte ein beachtliches Niveau im Eishockey am College, wo er Politik und Geschichte studierte. Seine Erfahrungen mit einem russischen Trainer und Aufnahmen von Eishockeyspielen aus Sowjetzeiten lehrten ihn ein anderes Spielverständnis.

Sein Film ist sowohl eine Suche nach den Merkmalen des sowjetischen Spielstils als auch ein Versuch, die politische und historische Dimension der Konfrontation der Großmächte auf dem Glatteis des Spielfeldes zu erkunden. Als Gesprächspartner konnte er Slava Fetisov gewinnen, den Kapitän der legendären Mannschaft, die sieben Mal die Weltmeisterschaft gewann. Er erklärt, wie systematisch die Mannschaft auf Höchstleistung getrimmt wurde. Polsky befragt auch einige andere Spieler, zeigt Ausschnitte von Spielen, begleitet Fetisov an Anlässe etc.. Er spannt den Bogen von den Anfängen über die reiche Ernte an diversen Turnieren bis zum kommerziellen Einsatz sowjetischer Spieler in den Vereinigten Staaten und zur postsportlichen Karriere, die Fetisov in der Politik fortsetzte.

Das Material beeindruckt und wird flüssig präsentiert, weist aber auch einige fragwürdige Lücken auf. Wie war das nochmal mit dem Doping? Fehlanzeige. Auch ist die Darstellung sportlich einseitig positiv. Polsky strickt so unbekümmert am künstlerischen Mythos der Formation weiter - ein nüchterner Blick hätte hier gutgetan. Etwas angestrengt wirkt seine Analogie zur Militärmaschinerie: Klar wurden internationale Wettkämpfe als Lackmusteste für die Überlegenheit des sowjetischen Systems verstanden, womit aber gerade ein militärisches Kräftemessen vermieden wurde. Die in den ersten 15 Minuten vollkommen überladene Tonspur und die Kommentare betonen dagegen das Militärische dieses rein sportlichen Wettbewerbs. Das kann einem gehörig auf die Nerven gehen.

13.03.2015

4

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