Trevligt folk Schweden 2015 – 100min.
Filmkritik
«Cool Runnings» auf dem Eis
Somalische Flüchtlinge, die noch nie Minus-Temperaturen erlebt haben, fit machen für die Bandy-Eishockey-WM in Russland? Die launige Doku Nice People begleitet Spieler, Trainer und Verantwortliche bei diesem waghalsigen (Integrations-) Projekt.
Die schwedische Stadt Borlänge nimmt 3000 somalische Flüchtlinge auf. Schon bald bestimmen die Somalis das Stadtbild und das Zentrum erhält den Beinamen "Klein-Mogadischu". Ein lokaler Unternehmer überlegt, wie man den alltäglichen Rassismus überwinden und die Flüchtlinge besser integrieren kann. Beim Feierabendbier kommt ihm die Idee: die Somalier sollen schwedischen Sport treiben. Gesagt getan: kurze Zeit später stehen einige der Flüchtlinge zum ersten Mal in ihrem Leben auf dem Eis und bilden das erste somalische Bandy-Eishockey-Team. Das Ziel: die WM in Russland in 6 Monaten.
Nice People kann man als eine Art dokumentarische Version der Disney-Komödie Cool Runnings von 1993 ansehen, die von der ersten jamaikanischen Bobmannschaft handelt. Das Script zu Nice People stammt von den schwedischen TV-Stars "Filip & Fredrik", die in ihrer Heimat für ihren unkonventionellen und intelligenten Journalismus bekannt sind. Die Beiden begleiten die Geschehnisse im Film und kommentieren die Ereignisse.
Nice People begleitet die jungen Somalis auf ihrem langen Weg von ersten, zaghaften Laufversuchen auf dem Eis bis zur Teilnahme an der Bandy-WM-Endrunde. Bandy ist eine beliebte nordische Sportart, ähnlich dem Eishockey, jedoch unter freiem Himmel, auf einem größeren Feld und mit einem Ball. Als melancholisches Feelgood-Movie funktioniert der Film außerordentlich gut. Für die unterhaltsamsten Momente sorgen freilich die ersten Versuche der Männer, sich zunächst auf Rollerblades und später auf dem Eis zu halten. Seine Spannung bezieht der Film aus der Frage: Ist es möglich, Afrikanern das Schlittschuhfahren und das WM-taugliche Bandyspielen bei eisigen Temperaturen in nur sechs Monaten beizubringen?
Schritt für Schritt gewinnen die Spieler an Fähigkeiten hinzu und als Zuschauer ist man hautnah dabei, wenn sie ihrem großen Ziel immer näher kommen. Die Motivation des Trainers und des Ideengebers des gesamten Projektes - Unternehmer Patrik Andersson, eine Art schwedische Version von Kurt Russel - sind ansteckend und übertragen sich auf das Team. Gut ist auch, dass der Film zu Beginn die in der Stadt vorherrschenden Vorurteile und Klischees den Somaliern gegenüber offenlegt. In Interviews mit den Bewohnern wird deren Rassismus sichtbar gemacht ("Es sind mir zu viele Schwarze hier" oder "Sie wollen sich nicht integrieren und nicht arbeiten"). Störend sind hingegen die allzu aufdringliche musikalische Untermalung vor allem in Form pathetischer Streicherklänge und der inflationäre Gebrauch von Zeitlupe bei den Szenen auf dem Eis.
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