An Frankreich, Deutschland, Japan 2015 – 113min.

Filmkritik

Das Geheimnis der Bohnenpaste

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

An ist ein poetisch-sinnliches Drama über eine außergewöhnliche Freundschaft und die Kunst der Dorayaki-Zubereitung, einer traditionellen japanischen Süßspeise.

Sentaro (Masatoshi Nagase) arbeitet in einer kleinen Dorayaki-Bude und durchlebt einen Alltag ohne Highlights und Abwechslung. Seit längerem schon steht aber Tokue (Kirin Kiki) vor seinem Laden und bietet ihm an, bei ihm auszuhelfen. Sentaro jedoch lehnt immer wieder mit der Begründung ab, die Fähigkeiten der alten Frau würden nicht ausreichen. Eines Tages jedoch, als Tokue ihm von ihrer selbst gemachten Bohnenpaste eine Kostprobe aushändigt, ist Sentaro verblüfft: es ist die beste Paste, die er je gekostet hat. Bald darauf stehen die Einzelgänger zu zweit in der Küche, während das neue Rezept bei den Kunden bestens ankommt. Doch: Tokue trägt ein tragisches Geheimnis mit sich herum.

Naomi Kawase gehört zu den erfolgreichsten Regisseurinnen ihrer japanischen Heimat. Vor allem mit ihrem letzten Film, dem melancholischen Still the water (2014), wurde sie auch einem westlichen Publikum bekannt. Im Zuge dieses Erfolgs, startet nun der neue Film von Kawase in ausgewählten Kinos: das poetische Drama An über die außergewöhnliche Freundschaft zweier Außenseiter. Die weibliche Hauptrolle wurde mit der 72-jährigen Kirin Kiki besetzt, die zu den beliebtesten Schauspielerinnen Japans zählt.

An ist ein ruhiger, sanfter und sehr poetischer Film, der viel Wert auf seinen Symbolgehalt und die metaphorischen Elemente legt. Die im Film immer wieder auftauchenden und mit Hilfe warmer, erhabener Bilder eingefangenen Kirschblüten und -bäume stehen stellvertretend für die Vergänglichkeit, das Verwelken des Lebens. Auf der anderen Seite kommt der bekannten japanischen Süßspeise Dorayaki einschließlich ihrer Zubereitung, viel Aufmerksamkeit zu. In langen Einstellungen zeigt der Film die aufwendige und mühsame Herstellung dieser Paste, wobei die Produktion dieser Delikatesse, unterlegt mit passender Instrumentalmusik, regelrecht zelebriert wird.

Die Dorayaki stehen dabei stellvertretend für den Genuss und die Sinnlichkeit im Leben eines jeden Menschen. Der Film und dessen Handlung sind dabei ganz auf die beiden sympathischen, mitunter schwer durchschaubaren, geheimnisvollen Hauptfiguren hin ausgelegt. Sie sind fast die einzigen handelnden Personen im ganzen Film, die Reduzierung auf die Imbissbude als fast einzigen Handlungsort, verleiht dem Werk etwas zutiefst kammerspielartiges. Doch auch wenn der Film etwa zur Mitte eine dramatische Wendung nimmt, so passiert doch letztlich nicht allzu viel und das Konfliktpotenzial ist alles in allem für einen fast zweistündigen Film etwas knapp bemessen. Die getragene Erzählweise und die schwelgerische Metaphorik machen ihn dennoch sehenswert.

05.06.2024

4

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Kommentare

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rioty

vor 8 Jahren

Ruhiger schöner Film über die bedeutsamen kleinen Dinge des Lebens, über die Zeit, über Menschen. Wunderschöne Aufnahmen.


patricia_schaufelberger

vor 8 Jahren

wie alle japanischen filme, sehr tiefgründig und bewegend


Emma Be

vor 8 Jahren

So eine flache Kritik. Überhaupt nicht erwähnt wird, dass die Tragik des Lebens der Hauptperson nicht in irgendeiner privaten Sache, sondern darin besteht, dass sie in einem der vielen in Japan erst in den 90er Jahren abgeschafften Lepra-Lager interniert war. Das ist bei aller Schönheit der Bilder und der sensiblen Inszenierung die politische Aussage des Films. Es geht - so ein Brief von Tokue - um eine Position gegen die Ignoranz einer Gesellschaft, die Menschen aufgrund von Vorurteilen ausgrenzt ohne sich um deren Schicksale oder die tatsächlichen Umstände ihres Leidens zu kümmern.Mehr anzeigen


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