Carol Grossbritannien, USA 2015 – 118min.
Filmkritik
Lieben und lieben lassen
Wenige Regisseure erzählen so feinsinnig und elegant von weiblichen Emotionen wie Todd Haynes (der – siehe Velvet Goldmine oder I'm Not There – auch anders kann). Er hat es mit Far From Heaven bewiesen, mit seinem Fernsehfünfteiler Mildred Pierce ebenso. Und natürlich stellt auch Carol, der seine Weltpremiere am Filmfestival von Cannes feierte, keine Ausnahme dar.
Als Vorlage diente ihm dieses Mal der (zunächst unter Pseudonym veröffentlichte) Roman "The Price of Salt" von Patricia Highsmith – und als Inspiration diente ihm einmal mehr eine der großen Ausnahmeschauspielerinnen unserer Zeit. Cate Blanchett also spielt die Titelfigur, eine elegante Hausfrau und Mutter in einem noblen New Yorker Vorort Anfang der Fünfziger Jahre. Eines Weihnachtens wirft sie in einem Kaufhaus downtown ein Auge auf die junge Verkäuferin Therese (Rooney Mara), die von einer Karriere als Fotografin träumt und ihren an einer Ehe interessierten Freund auf Distanz hält. Die beiden Frauen lassen sich, zunächst eher platonisch und vorsichtig, auf eine Affäre ein und brechen schließlich zu einem winterlichen Roadtrip Richtung Westen auf. Unterwegs beginnt die Leidenschaft, von den Zwängen und Konventionen des Alltags befreit, endgültig zu brodeln. Doch das zarte, damals noch höchst verpönte gleichgeschlechtliche Glück steht prompt auf dem Spiel, als Carols Noch-Ehemann (Kyle Chandler) im beginnenden Scheidungsverfahren Druck auszuüben beginnt und ihr die Tochter wegnehmen will.
Haynes setzt diese aufwühlende Geschichte – durchaus in Verneigung vor üblichen Vorbildern wie Douglas Sirk – in einer Schönheit um, die sich kaum in Worte fassen lässt. Von den Kamerafahrten Edward Lachmans über die Kostüme von Sandy Powell bis hin zu den Frisuren und kleinsten Details in der Ausstattung stimmt hier einfach alles. Nicht weniger atemberaubend sind die schauspielerischen Leistungen: bei Blanchett erwartet man mittlerweile kaum noch etwas anderes, doch Mara, die in Cannes unerwartet den Darstellerinnen-Preis bekam, weiß sich neben ihr zu behaupten.
Dass Carol – zumal in der ersten Hälfte – eine gewisse Distanz wahrt und auch die Anziehungskraft zwischen den beiden Figuren nicht unmittelbar greifbar ist, ist kein Fehler des Films, sondern durchaus beabsichtigt. Denn er nimmt seine immer wieder durch Glasscheiben, Kameralinsen oder in Spiegeln gezeigte Titelfigur durch die Augen der jüngeren Protagonistin wahr, die nicht nur das Objekt ihrer Begierde erst einmal zu fassen kriegen, sondern auch die eigene Homosexualität, für die es damals noch weder Akzeptanz noch Worte gab, zulassen muss. Die Art und Weise, wie es Haynes gelingt, dieses nur langsam nach außen tretende Begehren sichtbar zu machen, macht aus Carol ein Meisterwerk, visuell und inszenatorisch genauso wie schauspielerisch!
Dein Film-Rating
Kommentare
Das Hauptthema des Films, Liebe zwischen zwei Frauen, mag sicherlich bei jedem unterschiedliche Meinungen hervorrufen. Der Film als solches ist jedenfalls die Perfektion eines Liebesfilms.
Derart sensibel und einfühlsam war schon ewig kein Film mehr.
Durch das hervorragende Drehbuch und geniale Schauspieler absolut restlos überzeugend. Meine Wertung:
5/5 Winterhandschuhe… Mehr anzeigen
Delikate Schönheit strahlt aus jeder Einstellung. Makellos die Kameraarbeit, Kostüme, Make-up, Filmmusik und natürlich allen voran die beiden Hauptdarstellerinnen.
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