CH.FILM

Free to Run Belgien, Frankreich, Schweiz 2016 – 90min.

Filmkritik

Wie der Laufsport zum Massenphänomen wurde

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Es gab eine Zeit, da wurden Jogger auf der Straße belächelt und Frauen der Zugang zu Lauf-Wettbewerben verwehrt. Von diesen Jahren und einigen der wichtigsten Aktivisten handelt die erhellende, mit phantastischen Originalaufnahmen angereicherte Doku „Free to run“.

Laufen und Joggen sind längst zu Massensportarten geworden, die Menschen überall auf der Welt ausüben. Was viele nicht wissen: es ist noch gar nicht allzu lange her, da galten joggende Menschen, die ihren Sport abseits des Sportplatzes ausübten, als Freaks. Frauen durften ohnehin nicht an den Wettbewerben und Läufen teilnehmen. Erst ab den späten 60er- und frühen 70er-Jahren sorgten eine Reihe von Aktivisten und erfolgreichen Läufern dafür, dass dieser Sport eine breite Akzeptanz erfuhr. Diesen Personen und dem Laufsport allgemein setzt die gelungene Doku Free to run ein wichtiges Denkmal.

Free to run widmet sich der Entwicklung und jüngeren Geschichte eines Volkssports und geht zurück in eine Zeit, als "Laufen noch verboten war", wie der Untertitel lautet. Inszeniert wurde er vom Schweizer Regisseur, Historiker und Journalist Pierre Morath, der auch einen persönlichen Bezug zum Thema hat: jahrelang war er selbst als Athlet erfolgreich. Bekanntheit erlangte der Genfer vor allem mit seiner zweiten Doku Togo von 2008.

Free to run geht weit in die Geschichte zurück, in eine Zeit des Sports, die man sich nur noch schwer vorstellen kann. So zeigt der Film etwa, dass es Frauen viele Jahrzehnte komplett verboten war, bei olympischen Spielen an Lauf-Wettbewerben mit einer bestimmten Länge teilzunehmen. Genauso wie Frauen noch bis in die 60er-Jahre hinein auf den Straßen schief angesehen wurden, sobald man sie beim Joggen "erwischt" hat. Es wurde den Frauen eingeredet, dass sie den Strapazen nicht gewachsen seien, der "Uterus herausfallen" würde, ja sie sich sogar in Männer verwandeln würden, "mit Haaren auf der Brust", wie die Aktivistin Kathrine Switzer im Film schildert. Schreckensszenarien, verbreitet von weltfremden Medizinern und konservativen Sportfunktionären sowie antiquierten Verbänden.

Durch das Engagement von Personen wie Switzer änderte sich das aber allmählich und der Laufsport erfuhr einen unglaublichen Aufschwung, spätestens ab Mitte der 70er-Jahre. Auf all diese Aspekte geht der Film ausgiebig, detailliert und mit sagenhaften, aufschlussreichen Archiv- sowie Originalaufnahmen und dutzenden Interviews ein. Zudem widmet er sich den prägenden Persönlichkeiten dieser Bewegung, neben Switzer u.a. auch noch Steve Prefontaine, einem der aktivsten Amateursport-Fürsprecher jener Zeit. Schön wäre gewesen, wenn der Film den Blick auch noch wenig stärker auf andere Länder oder Kontinente ausgedehnt hätte, aber das hätte vermutlich den (inhaltlichen wie zeitlichen) Rahmen gesprengt.

10.04.2024

4

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