Lolo Frankreich 2015 – 100min.
Filmkritik
Drei ist einer zuviel
Geschichten, in denen Kinder mit der neuen Partner-Wahl von Mutter oder Vater unzufrieden sind und darum die neue Beziehung sabotieren wollen, gibt es zur Genüge. Hat man anfangs den Verdacht, dass auch Lolo in diese Richtung gehen könnte, so verschiebt sich die Wahrnehmung im Verlauf der Geschichte immer mehr. Denn der aufmüpfige Spross ist ein erwachsener Mann – und ein ausgewachsener Soziopath.
Violette lernt im Urlaub Jean-René kennen, der kurz darauf nach Paris zieht. Beide verstehen sich prächtig und träumen schon von einer gemeinsamen Zukunft. Aber dann lernt Jean-René den 20-jährigen Sohn von Violette kennen: Lolo, ein selbsternannter Künstler, denkt gar nicht daran, seine Mutter mit einem anderen Mann zu teilen. Während er immer den Freundlichen spielt, plant er tatsächlich Jean-Renés Abgang und greift dafür zu immer drastischeren Mitteln. Doch weder seine Mutter, noch der Rivale um deren Gunst ahnen, mit was für einem Menschen sie es eigentlich zu tun haben.
Es mag skurril erscheinen, wenn ein erwachsener Mann einem anderen Juckpulver in die Klamotten streut. Aber es ist schon der gar nicht so subtile Hinweis darauf, dass man es bei Lolo mit einer Figur zu tun hat, für die man keinerlei Sympathie empfinden kann. Er ist ein Soziopath, den auch der Schmerz der eigenen Mutter nicht schert, solange er bekommt, was er will. Julie Delpy dringt als Ko-Autorin und Regisseurin in ungewohnt düstere Gefilde vor. Dass Lolo dabei einen Ödipus-Komplex hat, ist nur das Tüpfelchen auf dem I, lässt das Werk aber gerade zum Ende hin noch weiter ausarten.
Was als eine Klischees bedienende Komödie begonnen hat, wird urplötzlich zu einem Drama, das eines bewusst werden lässt: Man hätte diese Geschichte auch ernst, bitter und bösartig erzählen können. Letzteres wird nur dadurch umschifft, dass Delpy rund um die Ränkeschmiede des jungen Mannes Momente erstaunlicher Leichtigkeit, auch alberner Komik bietet. Das beißt sich etwas, gerade der Kontrast sorgt aber dafür, dass Lolo aus der Reihe fällt und im Gedächtnis hängen bleibt.
Auf einer weiteren Ebene interessant ist die Beziehung der beiden Mittvierziger, bei der Dany Boons Figur als einzige sympathisch bleibt, weil er nicht urteilt, weil er tolerant ist, weil er ein reines Herz hat, während Violette – analog zu ihrem Job in der Modebranche – eine Oberflächlichkeit an den Tag legt, die an der hübschen Fassade kratzt. Denn so sehr sie ihren Jean-René auch mag, so despektierlich spricht sie über ihn, wenn es um seine naive Art, seinen Kleidungsstill oder seine provinzielle Herkunft geht.
Das Happyend ist darum auch ein vergiftetes und deutet an, dass alles von vorne beginnt – nur unter umgekehrten Vorzeichen.
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Kommentare
Ich hab mich den ganzen Film lang über die brutale abgedroschenheit von Lolo aufgeregt.
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