Son of Saul Ungarn 2015 – 107min.
Filmkritik
Ein schmerzhafter Film
Wäre László Nemes' beeindruckendes Werk nicht einer der Favoriten für den Oscar 2016 als bester ausländischer Film, wäre er wohl gar nicht ins Kino gekommen, sondern still als DVD erschienen. Was Nemes hier abliefert, ist mehr als nur ein Holocaust-Drama. Er ist ein bis in jede Faser schmerzender Film, der nicht unterhält, sondern den man erträgt.
Oktober 1944, Auschwitz-Birkenau: Saul gehört in dem Konzentrationslager dem Sonderkommando an. Er ist Teil einer von den anderen Gefangenen isoliert lebenden Gruppe, die von den Nazis gezwungen wird, die Beseitigung der Leichen zu übernehmen. Bei den Krematorien findet Saul den Körper eines Jungen, den er für seinen Sohn hält. Er kann den Leichnam nicht einfach den Flammen übergeben. Stattdessen rettet er die Leiche und versteckt sie – bis er einen Rabbi gefunden hat, der das Kaddisch rezitieren und dem Jungen eine würdevolle Bestattung bereiten kann.
Die Stärke des Films ist, dass er den Zuschauer hineinzieht. Er lässt ihm nicht die Möglichkeit, Distanz zu schaffen. Was auf der Leinwand geschieht, das spielt sich nicht nur dort, sondern auch im Kopf des Rezipienten ab. Jedes Gräuel und jeder Moment absoluter Hilflosigkeit brennen sich ins Gehirn ein. Man steht Seite an Seite mit Saul – auch und gerade, weil Nemes einen sehr effektiven Ansatz gewählt hat, seinen Film umzusetzen. Die Kamera folgt immer Saul, was er sieht, sieht auch der Zuschauer. Es ist ein enges Ereignisfeld, akzentuiert dadurch, dass Nemes auf eine 40mm-Linse setzte. Das Format ist ungewöhnlich, hilft aber, das Geschehen extrem zu zentrieren. Man fühlt sich inmitten dieser Bilder gefangen.
Die Musik ist vorhanden, aber so subtil, dass man sie nicht wahrnimmt. Die Bilder sind trist, der Film alles andere als schön – Nemes wollte die Welt eines Konzentrationslagers für den Zuschauer erschaffen. Eine Hölle, aus der alle Schönheit gewichen ist. Das ist eine Tortur für den Rezipienten, in vielen Momenten fast unerträglich und so dicht am Geschehen, dass man nie davon Abstand erhält. Alles rebelliert, diesen Film zu sehen, aber er muss gesehen werden. Weil Son of Saul wichtig ist, weil er das Grauen des Holocausts auf eine Weise fassbar macht, wie es nur den wenigsten Kunstwerken gelingt. Weil er, wie der Philosoph Georges Didi-Huberman so präzise erkannt hat, "ein Monster ist, ein notwendiges, stimmiges, heilsames, unschuldiges Monster", das man gesehen haben muss, auch wenn man das eigentlich gar nicht will...
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Kommentare
Erschütterndes Drama über den Schrecken des Holocaust. Auf eine ganz spezielle und aussergewöhnliche Art und Weise wird die Grausamkeit von damals aufgezeigt. Dabei verzichtet der Film aber weitgehend auf brutale Bilder. Vielmehr ist es das, was man hört und was sich verschwommen im Hintergrund abspielt, was das Kopfkino gewaltig anregt. Durch die dünne Handlung und der Kamera, welche sich stets hinter dem Hauptdarsteller befindet, schaut sich das Ganze jedoch ein bisschen zäh an. "Son of Saul" ist aber derart authentisch, dass es schon fast beängstigend ist und gewährt damit einen glaubwürdigen Einblick in diese grauenhaften Taten.
7.5/10… Mehr anzeigen
Son of Saul ist ziemlich verstörend und schwer zu ertragen, da man sich mitten drin des Schreckens fühlt. Son of Saul hat in der Oscar Nacht 2016 gegen den auch Oscar Favorit Mustang(mehr Infos auf dieser Seite) aus der Türkei gewonnen.
Ich hätte nicht gedacht, dass das bisherige, was ich vom Holocaust gesehen habe, zu toppen wäre - um diesen fürchterlichen Ausdruck zu benutzen. Aber die Industrie des Tötens wurde mir hier unerträglich bewusst. Unglaublich, zu was wir Menschen mutieren können.
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