Sparrows Kroatien, Dänemark, Island 2015 – 99min.

Filmkritik

Die Suche nach sich selbst

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Ari muss nach seiner Rückkehr in sein Heimatdorf mit dem alkoholkranken Vater und einer konfusen Gefühlswelt klarkommen. Das Drama Sparrows lebt von seinen feinfühligen Darstellern und dem Mut, auch tragisch-schmerzliche Momente nicht auszusparen.

Sechs Jahre nach der Scheidung seiner Eltern, kehrt Ari (Atli Oskar Fjalarsson) Reykjavik den Rücken, um zu seinem Vater (Ingvar Eggert Sigurðsson) in die verlassene Einöde eines isländischen Fischerdorfes zu ziehen. Dort hat er nicht nur mit seinem schweigsamen Alkoholiker-Vater, erdrückender Einsamkeit und harter Fabrik-Arbeit sondern auch mit seinen Gefühlen zu kämpfen: denn bald trifft er auf seine Jugendfreundin Lára (Rakel Björk Björnsdóttir), die mittlerweile einen neuen Freund hat. Und dieser ist extrem eifersüchtig und gar nicht über die Rückkehr des heimgekehrten Ari erfreut.

Sparrows ist eine vom isländischen Filmemacher Rúnar Rúnarsson inszenierte dänisch-isländisch-kroatische Gemeinschaftsproduktion und dessen erster Film seit vier Jahren. Ingvar Eggert Sigurðsson, der im Film den Vater der Hauptfigur spielt, ist in Europa vor allem durch seine Rolle als Kommissar Sveinsson in der Verfilmung des Romans "Nordermoor" ("Der Tote aus dem Moor") von Arnaldur Indriðason bekannt geworden. Seine Premiere erlebte Sparrows 2015 beim Toronto Filmfestival.

Rúnarsson vermengt Versatzstücke des Coming-of-Age-Films mit Elementen eines Familien-Dramas, und das alles vor der Kulisse der einzigartigen Natur des isländischen Hinterlands. Zum einen erzählt Sparrows von den klassischen Sorgen und Nöten eines Pubertierenden: vom Auflehnen gegen die Erwachsenen, ersten erotischen Gehversuchen (und Verführungen) sowie der Suche nach sich selbst. Dieser Teil des Films gestaltet sich zwar weitestgehend überraschungsarm – da jene Themen eben allseits bekannt sind – aber dennoch als mitreißend, was vor allem an Hauptdarsteller Atli Oskar Fjalarsson liegt. Mit oft gedankenverlorenem, melancholischem Blick und herunterhängenden Schultern versucht er, sein Gefühlschaos in den Griff zu kriegen, wobei er diese Suche nach innerer Ausgeglichenheit und emotionaler Stabilität mit viel Feingefühl darstellt.

Ihm in nichts nach steht Ingvar Eggert Sigurðsson als versoffener, gefühlskalter Vater. Der zweite Handlungs- bzw. Erzählstrang um den Vater-Sohn-Konflikt ist wesentlich stärker geraten. Dies liegt vor allem an jenen Momenten, in denen die Zwei alleine sind und sich die (An-) Spannung der Situationen förmlich auf den Zuschauer überträgt: beim gemeinsamen Jagen, beim Castingshow-Abend vor dem TV oder am Ende, wenn sie sich so nahe sind, wie Vater und Sohn einander nur nahe sein können – was dann auch das eindringliche Schlussbild des Films darstellt. Zuvor beweist Rúnarsson Mut: mit dem Tod einer sympathischen Figur und einem radikalen, unerwarteten Ereignis, das für Ari nur schwer zu verdauen ist.

04.10.2016

4

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Kommentare

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sum21

vor 8 Jahren

Ein sehr einfühlsamer und auch sehr trauriger Film über den Jungen Ari, der aus seiner gewohnten Umgebung gerissen wird, und zu seinem Säufervater muss, der sich jahrelang nicht gemeldet hat. Nun muss er sich mit seinem Vater und seiner Grossmutter zurechtkommen und eine ganz neue Umgebung, die er vor Jahren verlassen hat, und an die er sich kaum noch Erinnern kann. Er versucht wieder Anschluss zu finden, was nicht ganz einfach ist, denn alle Neuen werden hier argwöhnisch begutachtet. Dann stirbt noch seine Grossmutter, die ihn in sein Herz aufgenommen hat, und nun muss er sich mit seinem Vater alleine zurechtkommen, was nicht ganz einfach ist.
Ein guter Schauspieler der überzeugt und eine gute Geschichte.Mehr anzeigen


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