Die weisse Arche Schweiz 2016 – 88min.
Filmkritik
Dem Tode ganz nah
Der Tod ist allgegenwärtig und wird doch gern verdrängt und tabuisiert. Der Luzerner Edwin Beeler setzt sich mit spirituellen Fragen auseinander und begleitet in seinem Film Menschen, die sich mit Sterbenden und dem Sterben auseinandersetzen. Er beschreibt Grenzerfahrungen – sehr leise, würdevoll, tröstend und intim.
Der Tod gehört zum Leben, ist Ende und Anfang, ist unausweichlich. Wie geht man damit um, welchen Einfluss nimmt er aufs Leben? Der Luzerner Edwin Beeler (Arme Seelen) hat sich mit solchen Fragen auseinandergesetzt und sucht Antworten bei Menschen, die mit dem Tod fast täglich konfrontiert werden.
Die Pflegefachfrau Monika Dreier beispielsweise ist knapp einer Lawine entkommen, sie hat die Angst vor Schmerz und dem Tod verloren. Sie begleitet Sterbende. «Ich habe meinen Beruf als Pflegefachfrau erlernt, weil ich die Geheimnisse des Lebens und des Todes ergründen wollte», beschreibt sie ihre Aufgabe. «Sterben halte ich für den schönsten Prozess im Leben, die grösste Verwandlung. Und der Tod ist für mich ein Freund geworden.»
Auch der Kapuziner Martin Germann, inzwischen verstorben, begleitet Sterbende in Schwyz wie auch Eugen Bollin, Benediktinermönch vom Kloster Engelberg, der als Kunstmaler Engel aufspürt. Der gelernte Förster Sam Hess ist Mystiker und Heiler geworden. Er nimmt Kontakt zu Seelen auf, die noch im Irdischen verhaftet sind und den Weg nach «drüben» nicht finden. Er bringt die Verlorenen sozusagen auf den richtigen Weg. Sie alle setzen sich intensiv mit spirituellen Fragen, mit dem Leben und dem Tod auseinander, geistig und tätig. So begleitet Edwin Beeler auch den 81-jährigen Pater Fromund im Rigi-Klösterli bis zur letzten Stunde. Inspiriert von Niklaus Meienbergs Erzählung «O du weisse Arena am Rande des Gebirges», dokumentiert der Luzerner Filmer menschliche Erfahrungen und Erkenntnisse über das Sterben und den Tod, über Empfindungen und Reflexionen, verbunden mit erhabenen Bildern der Bergwelt und des klösterlichen Lebens. Das verleiht dem Dokumentarfilm eine gewisse Erhabenheit und Würde, wirkt aber auch abgeschieden und verklärend. Das Sterben hat so nichts Schmutziges, Qualvolles, Leidvolles mehr, es wird zum Übergang in eine andere Dimension, in eine andere Welt.
Der Nachrichtenalltag, Meldungen über Krieg, Tod, Verderben und Verbrechen werden ausgeklammert. Eines der dunkelgrauen Lieder über den sanften Tod des Österreichers Ludwig Hirsch kommt einem in den Sinn: «Komm, grosser schwarzer Vogel». Und so erweist sich Beelers intimes Filmessay über Ängste und Endlichkeit auch als Trostspender und Verheissung.
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