CH.FILM

Moka Frankreich, Schweiz 2016 – 89min.

Filmkritik

Zwischen Tätersuche und Trauerarbeit

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Die psychisch labile Diane begibt sich auf eigene Faust auf die Suche nach der Person, die ihren Sohn zu Tode gefahren hat. Der zwischen spannendem Krimi-Puzzle und feinfühligem Drama angesiedelte Film Moka überzeugt vor allem dank seiner brillanten Schauspieler. Mit Diane begibt sich der Zuschauer auf eine emotionale Achterbahnfahrt.

Dianes (Emmanuelle Devos) Sohn wurde von einem Auto überfahren. Hinzu kommt, dass die Polizei bei der Tätersuche nicht weiterkommt. Zeugen sahen einen mokkafarbenen Wagen und hinter dem Steuer angeblich eine blonde Frau. Ein Privatdetektiv findet heraus, dass nur drei Wagen in der Region in Frage kommen. Eines Tages begibt sich Diane auf eigene Faust nach Evian, da dort ein solches Fahrzeug zugelassen ist. Und tatsächlich: die Beschreibungen von Auto und Person treffen exakt auf ein Auto und seine blonde Halterin, Marlène (Nathalie Baye), zu. Diane nimmt Kontakt zu der geheimnisvollen Frau und ihrem Mann auf.

Moka stammt vom Schweizer Regisseur Frédéric Mermoud. Für ihn ist es der zweite Langfilm nach seinem Debüt Complices von 2009. Schon bei seinem Erstling arbeitete er mit Emmanuelle Devos zusammen. In den letzten Jahren arbeitete Memoud vor allem fürs Fernsehen und realisierte einige Kurzfilme. Seine Weltpremiere feierte Moka beim Filmfestival Locarno.

Von Beginn an wird der Film von der ausdrucksstarken, unsentimentalen Darbietung von Devos getragen. Gefühlvoll und mit fein ausbalanciertem Gestik- und Mimik-Spiel, zeichnet sie das Psychogramm einer gebrochenen Frau. Eine Frau, die drei schwere Schicksalsschläge zu verkraften hat: den Tod ihres Teenager-Sohnes, das fehlende Auffinden des Täters und schließlich auch noch das Ende ihrer Ehe als Folge der Ereignisse. Dennoch: ein wenig Kraft und Energie schlummern noch in ihr. Und dies nutzt sie, um selbst aktiv zu werden.

Als Zuschauer fiebert man mit ihr, wie sie – ähnlich der Arbeit eines akribischen Ermittlers – in ihren Recherchen immer weiter voranschreitet und bald erkennt: bei Marlène könnte es sich um die Fahrerin handeln. Eine außergewöhnliche (An)Spannung ergibt sich vor allem in jenen Szenen, die Diane mit Marléne zeigen. Denn zu Dianes Erstaunen erweist sich die adrette, wohl situierte Frau, die eine erwachsene Tochter hat, als äußerst sympathisch und auf merkwürdige Art anziehend. Die charismatische Nathalie Baye als Marléne verfügt über eine enorme Leinwandpräsenz, der sich auch der Zuschauer nur schwer entziehen kann.

Gekonnt changiert Regisseur Mermoud immer wieder zwischen packendem Krimi um die Suche nach dem Täter und einfühlsamen Porträt einer innerlich zerrissenen Frau. Beides geht hier Hand und Hand und erweist sich als ebenso gelungen wie die melancholische Musik des Films. Meist in Form zarter, getragener Klaviermelodien, spiegelt sie das aufgewühlte Seelenleben Dianes wieder.

20.05.2024

4

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