Nocturama Belgien, Frankreich, Deutschland 2016 – 130min.

Pressetext

Nocturama

Eines Morgens in Paris. Einige Jugendliche, jeder einzeln für sich und doch irgendwie organisiert, setzen zu einem mysteriösen Tanz durch das Labyrinth der Metro und der Strassen der französischen Hauptstadt an. Sie stammen aus verschiedenen Quartieren, unterschiedlichen Milieus, sind männlich oder weiblich, haben Migrationshintergrund oder nicht. Die Stunden vergehen: Wege werden zurückgelegt, Nachrichten verschickt, Mobiltelefone weggeworfen, Sicherheitssysteme geknackt, Bomben gelegt. Ihre Gesten sind präzise, es scheint, als verfolgten sie einen klaren, gemeinsamen Plan. Zum Ladenschluss kommen sie in einem edlen Kaufhaus zusammen. In der Stadt explodieren Bomben - und für die Jugendlichen beginnt eine lange, nervenaufreibende Nacht. Immer auf die Täter fokussierend, setzt Regisseur Bertrand Bonello den Tag eines Anschlags hochmodern als stetig voranschreitenden, unabwendbaren (Alb)traum in Szene.

[Text: Zurich Film Festival]

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8martin

vor 4 Jahren

Ein gedanklich gefährliches Konstrukt, das mehr Fragen aufwirft als Antworten liefert. Gefährlich, weil durchaus denkbar. Eine Gruppe Jugendlicher von unterschiedlicher sozialer Herkunft legt in Paris Bomben und tötet den HSBC Präsidenten. Danach lassen sie sich nach Ladenschluss in einem Nobelkaufhaus einschließen. Die Terroristen genießen den Luxus in vollen Zügen. Verbringen also eine Nacht im Überfluss. Bis die Polizei eintrifft und wie beim Moorhuhn Videospiel einen nach dem anderen erschießt. Technisch sind die Einstellungen durchaus gelungen. Oder wenn vom goldenen Reiterstandbild der Jeanne d’Arc Tränen kullern.
Alles geschieht unkommentiert, äußerst distanziert, von wenigen Momenten abgesehen ohne Emotionen. Da ist es erstaunlich, dass die Kids nach den ersten Schüssen Angst bekommen. Angst vor der eigenen Courage. Hätten sie sich das nicht denken können? Können die Jugendlichen nur so weit denken, wie ein Lama spucken kann? Während man noch darüber grübelt, was die Kids zu dieser Aktion veranlasst haben könnte, läuft bereits der Abspann. Unkommentiert.
Werden hier die Terroristen – falls es welche sind – zu Konsumterroristen?
Ist unser Luxus nur geliehen?
Kann ihn sich jeder holen? Er muss sich nur trauen?
Ist das Ganze nur ein Zeitvertreib für die Youngsters, aus der Langeweile geboren?
Wollen sie erfahren, wie es ist superreich zu sein?
Ist das Ganze Ausdruck von Systemverdrossenheit?
Einen netten Gag am Rande ließ sich Regisseur Bonello noch einfallen: die Jugendlichen laden ein Pennerpärchen ein, das es sich im Luxustempel mal richtig gut gehen zu lassen soll. Soziale Geste? Anzeichen von Solidarität? Viele offene Fragen! Nur eins steht fest: im Abspann gibt’s den Titelsong von John Barry aus der Serie ‘Die Zwei‘.Mehr anzeigen


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