Nocturnal Animals USA 2016 – 116min.

Filmkritik

Verhängnisvolle Lektüre

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

2009 unternahm Modedesigner Tom Ford mit A Single Man einen beachtenswerten Ausflug in die Welt des Kinos. Sieben Jahre später legt der gebürtige Texaner seine zweite Regiearbeit vor und beweist einmal mehr sein Gespür für stilvoll-atmosphärische Impressionen. Ein Meisterwerk, wie manche Kritiker behaupten, ist die verschachtelte Romanadaption Nocturnal Animals bei genauem Hinsehen allerdings nicht.

Nach der Eröffnung einer neuen Ausstellung will die Galeristin Susan Morrow (Amy Adams) ein entspanntes Wochenende mit ihrem Ehemann Hutton (Armie Hammer) verbringen. Der Geschäftsmann bricht jedoch zu einem Termin nach New York auf, weshalb Susan sich die Zeit mit einem Romanentwurf vertreibt, den sie überraschenderweise von ihrem Ex-Gatten Edward (Jake Gyllenhaal) erhalten hat. Das ihr gewidmete Buch handelt von Tony Hastings (ebenfalls Gyllenhaal), der mit seiner Frau Laura (Isla Fisher) und seiner Tochter India (Ellie Bamber) im texanischen Nirgendwo einem sadistischen Hinterwäldler-Trio (Aaron Taylor-Johnson, Karl Glusman und Robert Aramayo) begegnet. Während Susan das düstere Manuskript verschlingt, denkt sie zunehmend an ihre gemeinsame Zeit mit Edward zurück.

Bereits 1993 erschien der Roman "Tony & Susan", der Tom Ford als Grundlage für seinen zweiten Spielfilm diente. Drei unterschiedliche Erzählebenen fließen darin ineinander und geben mit der Zeit Parallelen und Spiegelungen preis, die in einer bitteren Pointe ihren Abschluss finden. Bis dahin ist das elegant fotografierte Thriller-Drama bemüht, den Gefühlshaushalt seiner Figuren zu sezieren, verfällt ein ums andere Mal aber in leicht banale Plattitüden.

Nach einer irritierenden Titelsequenz, die sich als Teil der neuen Kunst-Installation erweist, tritt uns eine erschöpfte Susan entgegen, die sich in ihrem privilegierten Leben offensichtlich nicht mehr wohlfühlt. Ausdruck ihrer inneren Leere ist ihr gläsernes Luxusanwesen, das keinerlei Wärme ausstrahlt und den tristen Zustand ihrer Ehe treffend illustriert. Eine willkommene Abwechslung bietet der unerwartete Wink aus der Vergangenheit in Form des Buches, das Edward ihr nicht ohne Hintergedanken zukommen lässt.

Ausgehend von Susans Lektüre entblättert sich der zweite Handlungsstrang. Eine grimmige Crime- und Rachestory, die mitunter wie ein billiger Groschenroman anmutet, zugleich aber auch einige der intensivsten Szenen des Films zu bieten hat. Besonders den Moment, als Tony und seine Familie auf einem verlassenen Highway bedrängt werden. Geschickt zögert Ford hier eine Eskalation heraus und steigert die Spannung damit ins Unermessliche.

Obwohl Susans Erinnerungen an ihr Zusammenleben mit Edward das Geschehen thematisch bereichern, wirkt das Beziehungsgeflecht, das die Literaturadaption entwirft, mitunter etwas oberflächlich, was angesichts der engagierten Darbietungen – grandios: Michael Shannon als ruppig-röchelnder Cop – und der ausgefeilten Optik ein wenig schade ist.

13.01.2017

3

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Kommentare

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Patrick

vor 3 Jahren

Die Anfangs Szene ist ziemlich absurd und abstossend und man merkt man wird auf ein spezielles Film Erlebnis eingeladen.Die Story wird kunstvoll und verzwickt umgesetzt untermalt mit dem passendem Soundtrack.Darstellerisch 1.A.Das Filmende lässt einem ratlos zurück lädt aber zum Nachdenken ein und um die Story nochmals im Kopf ab zu Spulen zu lassen.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 3 Jahren


vicky_leandros

vor 6 Jahren

Grandios. Deutlich besser als erwartet!


holiday88

vor 7 Jahren

Spannender und fesselnder Film, der einen (auch noch Tage später) zum Nachdenken anregt. Allerdings beinhaltet der Film sehr viel Gewalt und verstörende Bilder - die man erträgt, weil man auf das Ende der Geschichte gespannt ist. Ich persönlich fand das Ende jedoch nicht zufriedenstellend, es liess mich leider etwas ratlos zurück.Mehr anzeigen


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