Usgrächnet Gähwilers Schweiz 2016 – 91min.
Filmkritik
Versteckis im Bünzliland
In Usgrächnet Gähwilers hat ein Berner Ehepaar ein Problem mit einem Flüchtling. Und bald auch mit den Nachbarn.
Ein schönes Haus, zwei Autos, das Kleingeld für Luxusferien – Gähwilers have it all. Sorgen? Wenn, dann ums eigene Land. Jesses, all diese Flüchtlinge! Aber gut, wichtiger ist mal, dass der Buchs im Garten sauber geschnitten wird. Und dann will der stramme FDPler Ralph Gähwiler (herrlich verstockt: Philippe Nauer) bei den anstehenden Lokalwahlen triumphieren. "Kompetent, entschieden, klar" – diese Attribute sollen den Wähler überzeugen.
Bald aber sieht Ralph Gähwiler seine politische Karriere bedroht. Der Buchs wird nämlich geschnitten: Von dem sudanischen Flüchtling Ngundu (David Wurawa), den Therese Gähwiler (Ruth Schwegler) ohne das Wissen ihres Gemahlen rekrutiert hat. Ngundu hält sich illegal in der Schweiz auf, und verletzt sich bei der Schwarzarbeit auch noch das Bein. Nachdem ein befreundeter Veterinär (!) beim Verarzten aushilft, fängt für die Gähwilers das grosse Versteckspiel an. Denn die benachbarten Suters stehen Feldstecher bei Fuss.
Usgrächnet Gähwilers ist zuerst einmal das Waten in den seichten Gewässern des Schweizer Bünzlitums. Diesem hat sich Regisseur Martin Guggisberg abermals angenommen: Bereits sein Kurzfilm «Buumes» konfrontierte uns mit manierlich-verknorzten Zeitgenossen und leistete sich dabei die Verrücktheit, dass die eingeladenen Nachbarn die Wohnung ihrer Gastgeber partout nicht verlassen wollen. Insofern ist Usgrächnet Gähwilers eine Aufdatierung in Zeiten der Flüchtlingskrise: Den illegalen Asylsuchenden und Schwarzarbeiter – und seinen dazustossenden Kumpel – wird das Provinzberner Ehepaar einfach nicht mehr los. Man darf das gerne als Allegorie verstehen.
Der Film zieht seine Substanz hauptsächlich aus dieser Konstellation. Die Komik ist zweifellos da, und formuliert sich glücklicherweise kaum einmal plump, sondern durchaus hintersinnig. Weil der bizarren WG-Konstellation jedoch der Antrieb fehlt, rückt bald die Spionage der Nachbarn in den Mittelpunkt. Immerhin bringt diese eine interessante Neuordnung der Sympathie mit sich. Bei der gefrotzelten Fremdenfeindlichkeit und arroganten Ethnozentrik der Suters bekommt man selbst jemanden wie Ralph Gähwiler wieder lieb.
Letztendlich bleiben alle Figuren Gefangene ihrer stereotypen Charakterisierung. Ein wütender Ausbruch von Therese Gähwiler etwa – sicherlich die ambivalenteste und formbarste aller Figuren – mündet in ... nichts. Am nächsten Tag ist sie wieder artig an des Gatten Seite. Am Ende sind es die unerfüllten moralischen Erwartungen, welche die durchaus guten Ansätze des Filmes überstrahlen.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung