Immer noch eine unbequeme Wahrheit - Unsere Zeit läuft USA 2017 – 98min.
Filmkritik
Kämpfe, als würde deine Welt davon abhängen
Vor gut zehn Jahren sorgte Al Gores Dokumentarfilm An Inconvenient Truth für Furore. Manches von dem, was damals in diesem Film postuliert wurde, wurde als Schwarzseherei verunglimpft. Eine Überschwemmung am Ground-Zero-Memorial in New York? Unmöglich. Nur wenige Jahre später fand sie statt.
Es ist dieser Moment, der bei An Inconvenient Sequel: Truth to Power wirklich nachdenken lässt. Insbesondere im Zusammenspiel mit den Bildern aus aller Welt, die Dürren und Überschwemmungen zeigen, die dokumentieren, in welchem Ausmass in Grönland das Eis innerhalb von nur knapp 40 Jahren geschmolzen ist, die aufzeigen, wie die Tage, die heißer als der Durchschnitt sind, immer mehr zunehmen. Die Frage, ob der Klimawandel kommt, ist nicht länger eine offene. Er ist da, man kann ihn erleben und spüren, im Kleinen wie im Großen. Ob er menschgemacht ist? Darum geht es eigentlich gar nicht. Vielmehr geht es darum, dass der Mensch Schritte unternehmen kann oder gar unternehmen muss, um diesen Wandel zu stoppen. Denn am Ende kostet ihn die Menschheit diese Welt - und eine andere gibt es nun mal nicht.
Natürlich merkt man dem Film aber auch seinem Hauptakteur missionarischen Eifer an – er steht aber im Dienste einer guten Sache. Das ist es, was Gore so sympathisch macht: Man merkt, dass er seit Jahrzehnten Feuer und Flamme für dieses Thema ist. Und weil er tatsächlich etwas bewegt, wie die Vorbereitungen auf den Klimagipfel im November 2015 in Paris zeigen, der von den schrecklichen terroristischen Anschlägen überschattet wurde, aber mit einem nie zuvor dagewesenen Konsens endete.
Es gibt einige Momente in An Inconvenient Sequel: Truth to Power, bei denen man sich fragt, wie die Welt heute aussehen würde, hätte damals Gore und nicht George W. Bush die Präsidentschaft gewonnen. Das gilt insbesondere, wenn man den Ausklang dieses Films bedenkt, der zu keinem besseren und wichtigeren Zeitpunkt hätte kommen können. Mit Donald Trump als Präsident steigen die USA aus dem Klimavertrag aus. Einer von vielen Rückschlägen, den Gore in seinem jahrzehntelangen Kampf gegen den Klimawandel einstecken muss. Es werden auch wieder bessere Tage kommen. Ob mit Al Gore, das bleibt abzuwarten.
Als ihn eine Reporterin fragt, ob er noch einmal zu einer Präsidentschaftswahl antreten würde, erklärt er, nicht ohne zu lächeln, dass er als Politiker wie ein Alkoholiker sei: Er habe den Entzug geschafft und je länger ein Rückfall ausbleibe, desto unwahrscheinlicher wird dieser. Aber vielleicht wäre er der ideale Mann, um in ein paar Jahren Donald Trump vom Thron zu stoßen. Die Erde zumindest würde aufatmen …
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