Gemini USA 2017 – 93min.

Filmkritik

Auf Streifzug durch ein verträumtes Los Angeles

Filmkritik: Max Wild

Der Mord an einer aufstrebenden Hollywood-Schauspielerin nimmt das Publikum in Aaron Katz’ Thriller mit auf eine bildhafte Reise durch das geheimnisvolle Los Angeles.

Das Hollywood-Starlet Heather (Zoë Kravitz) und seine treue Assistentin (Lola Kirke) pflegen eine ambivalente Beziehung zueinander. Einerseits sind sie enge Freundinnen, andererseits steht man im verworrenen Dickicht von Los Angeles’ Filmindustrie ohne ein Mass an professioneller Distanz schnell im Abseits. Ihre Zeit jenseits der Filmsets verbringen Heather und Jill wie so viele Mittzwanziger, denen es gut geht: Chronisch gelangweilt, umherstreunend nach dem Sinn des Lebens, oft in Bars sowie auf sozialen Medien und sexuell neugierig.

Als Heather eine Kreativpause einlegen möchte, muss Jill aber die Scherben zusammenkehren: Quer durch Los Angeles muss sie wütenden Produzenten und Agenten gegenübertreten und diese mit vagen Begründungen für die Auszeit ihrer Klientin abspeisen. Als sie nach dem Spiessrutenlauf erschöpft zu Heather zurückkehrt, findet sie diese ermordet in ihrem Haus. In den Augen von Detektiv Edward Ahn (John Cho) dringend tatverdächtig, versucht Jill nun die zersplitterten Details vor dem Mord zusammenzufügen. Filmkomponist Keegan Dewitt schafft es mit seinem synthetisch angehauchten Jazz-Pop, die Dramaturgie musikalisch noch zu steigern.

Der Thriller von Aaron Katz ist eine Hommage an den Film noir. Das zynisch-gleichgültige Flair vergangener Kriminalfilme aus den 1940ern und 1950ern wird hier neu interpretiert und mit einem satirischen Porträt des gegenwärtigen Hollywoods verflochten. Der US-Regisseur ist nun bereits zum dritten Mal mit einem Film in Locarno vertreten. In seinem Werk verhandelt er Fragen von Selbstwahrnehmung, Starruhm und dem komplizierten Geflecht intimer Beziehungen und trifft damit den Zeitgeist. In „Gemini“ erinnert die harmonische Komposition von Licht und Farbe zuweilen an das entrückte Los Angeles von Nicolas Winding Refns „The Neon Demon“. Katz erreicht zwar nie dessen Intensität und „Gemini“ bleibt ein leicht verdaulicher Thriller. Bravourös aber, wie Katz hier die fragile Beziehung zweier Frauen inmitten der berauschenden Scheinwelt Hollywoods projiziert.

Der Autor ist Teil der Critics Academy des Locarno Festival 2017.

10.08.2017

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