Ghostland Kanada, Frankreich 2018 – 91min.

Filmkritik

Die Geister der Vergangenheit

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Zwei Schwestern werden noch 16 Jahre nach einem brutalen Überfall von Visionen der Bluttat gequält. Pascal Laugiers psychologischer, radikaler Terror-Thriller jongliert geschickt mit den Zeitebenen und überrascht mit drastischen Wendungen.

Die emotionale Beth (Crystal Reed) liebt Schauergeschichten von H. P. Lovecraft. Schwester Vera (Anastasia Phillips) hingegen ist tougher und von Beths Horror-Leidenschaft eher genervt. Gemeinsam mit ihrer Mum ziehen sie in das Haus der Tante. Noch in der ersten Nacht jedoch passiert das Unfassbare: Die Familie wird brutal von zwei Einbrechern überfallen. 16 Jahre später ist Beth eine erfolgreiche Roman-Autorin, ihre Schwester jedoch hat die Ereignisse nicht verwunden und leidet unter Psychosen. Ein Anruf von ihr bringt Beth wieder zurück in das Schreckenshaus von damals.

Dem französischen Regisseur Pascal Laugier gelang 2008 mit dem Horrorfilm Martyrs, der heftige Debatten über die im Film dargestellte Gewalt auslöste, der Durchbruch. Seinen neuen Film Ghostland, sein erster seit The Tall Man (2012), inszenierte er unter anderem in Kanada. Premiere erlebte das Werk beim letztjährigen Fantasy Filmfest im französischen Gérardmer.

Pascal Laugier ist ein Meister des schonungslosen Terror-Kinos, das mit unerwarteten Wendungen und sich urplötzlich entladenden Gewalt-Eruptionen aufwartet. Das beweist er mit Ghostland aufs Neue, ein Film, bei dem er genüsslich sein Verwirrspiel mit dem bemitleidenswerten Kinobesucher vollzieht. Denn so stringent und simpel wie es die Inhaltsangabe vermuten lässt, sind letztlich weder die Handlung noch die Dramaturgie. Obwohl die ersten fünfzehn Minuten genau so geraten sind, wie es zu erwarten war.

Laugier hält nichts vom zeitintensiven Einführen der Figuren und einer ausführlichen Etablierung des Schauplatzes. Schon nach wenigen Minuten entlädt sich in Form des brutalen Überfalls der zwei (abscheulich hässlichen) Hinterwäldler-Einbrecher erstmals die ganze Gewalt über die nichtsahnende Familie. Diese Szenen inszeniert Laugier drastisch, mit ebenso schrillen wie lauten Sound-Effekten sowie mittels extrem schneller Schnitte. Dieser bedient er sich im weiteren Lauf immer dann, wenn es zu Gewaltausbrüchen der Psychopathen kommt.

Den größten Coup aber landet er mit seiner intelligenten Verzahnung von Vergangenheit und Gegenwart. Und: der geschickten Vermengung von Wirklichkeit und Fiktion, zweier Ebenen, die immer wieder nahtlos ineinander überzugehen scheinen. Und so fragt man sich als Zuschauer des Öfteren, ob die Ereignisse lediglich Rückblenden in die Vergangenheit sind, sich ausschließlich im Kopf von Beth abspielen oder vielleicht sogar die visualisierte Handlung ihres jüngsten Romans darstellen.

26.03.2024

4

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Kommentare

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hyper80

vor 6 Jahren

Stark. Unglaublich beklemmender Film. Viele Überraschungen. Viele Schocker. Und ein krasser Twist.


nick74

vor 6 Jahren

Nicht schlecht, hat mir gut gefallen, auch der Twist der Geschichte war gut und stimmig, kein Teenie Horror Film


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