Have a Nice Day China 2017 – 77min.
Filmkritik
Geld, Gier, Blut und kompletter Wahnsinn
Reale Freiheit habe drei Ebenen, erklärt eine Figur in Have A Nice Day anhand einer Allegorie: Die erste Ebene sei der Bauernmarkt. Die zweite der Supermarkt. Und die dritte – das ultimative Endziel – Online Shopping. Innerhalb dieser Ebenen kann sich der Käufer kaufen, was er will, ohne auf den Preis achten zu müssen. Glaubt man Have A Nice Day, so dreht sich das Leben im modernen China hauptsächlich ums Kaufen. Freiheit ist demnach mit Reichtum in einer globalisierten und kapitalistischen Welt gleichzusetzen. Somit ist es auch keine Überraschung, dass sich in der Geschichte, die in einer südchinesischen Industriestadt spielt, alles um eine Tasche Geld dreht – eine Million Yuan (CHF 150’000), um genau zu sein.
Der Kleinganove Xiao Zhang muss die besagte Tasche im Auftrag seines Gangster-Bosses weiterreichen, entscheidet sich aber stattdessen, mit der Million abzuhauen. Mit dem neu gewonnenen Vermögen will er seiner Verlobten die zweite Schönheits-OP bezahlen. Die erste ging nämlich daneben, weshalb sie sich von da an versteckt. Erwartungsgemäss schickt der Mafioso seinen besten Auftragskiller hinterher, der passenderweise nebenher als Metzger Rinderhälften zerlegt. Der Geruch des Geldes scheint bereits in der Luft zu liegen und sobald treten noch andere Interessensgruppen auf, die alles Mögliche tun, um sich gegenseitig die Tasche zu klauen. Es ist der Beginn eines Gemetzels.
Have A Nice Day ist eine Gangsterstory – klar inspiriert durch Tarantino – gepaart mit einer Schwarzen Komödie und Film Noir. Der Animationsfilm sticht aufgrund seiner Vielzahl an Referenzen, politischen und gesellschaftskritischen Kommentaren hervor. Der Film schafft ein zeitgenössisches Bild Chinas, das von Trostlosigkeit zeugt. Liu Jian’s geht mit den Chinesen nicht nur in Sachen Konsumzwang und Habgier hart ins Gericht, sondern kritisiert auch die Rolle des Internets als dominierender Kommunikationskanal oder die Bedeutung der westlichen Ausbildung als Luxus-Statussymbol. Dass der Film in China zensiert wird, überrascht nicht. Am Animationsfestival im französischen Annecy kam es hingegen zum Eklat, als die Festivalleitung den Film auf Drängen der chinesischen Behörden aus dem Wettbewerb strich.
Fazit: Die vielen verschiedenen Figuren, das komplexe Plot-Gestrick und das Hin und Her zwischen Figuren und Schauplätzen machen es fast unmöglich, der Geschichte zu folgen. In manchen Fällen wünscht man sich die Rückspultaste sehnlichst herbei. Dennoch, die düsteren und malerischen Bildwelten ziehen in den Bann. Have A Nice Day ist gut durchdacht, intelligent, unterhaltend und mit viel Liebe zum Detail. Anschauen lohnt sich.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung