Hitlers Hollywood Deutschland 2017 – 105min.

Filmkritik

Film als Machtinstrument

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Hitlers Hollywood verdeutlicht, wie es den Nazis mit Hilfe des Mediums „Film“ gelang, die Massen sowohl zu unterhalten als auch gleichzuschalten. Im Mittelpunkt stehen die vielen, klug ausgewählten Filmschnipsel, die akkurat in einen größeren Kontext eingeordnet werden.

Über 1000 Filme ließen Hitler und Propagandaminister Goebbels in den zwölf Jahren der NS-Schreckensherrschaft produzieren. Darunter vor allem emotionale Geschichten, kitschige Musicals und opulente Historienfilme. Das Ziel der Machthaber: Die NS-Ideologie unterschwellig in den Köpfen der Menschen zu verankern. Journalist Rüdiger Suchsland beleuchtet in seiner Doku, wie dies der NS-Filmindustrie über Jahre erfolgreich gelang. Und wie es möglich war, Filme zu schaffen, die in Sachen Ausstattung und Technik sogar Hollywood-Produktionen übertrafen.

Hitlers Hollywood ist die zweite Regie-Arbeit von Rüdiger Suchsland, der zu den bekanntesten Filmkritikern Deutschlands zählt. Schon 2014 widmete er sich den Themen ‚Geschichte‘ und ‚Film‘: Von Caligari zu Hitler rückte den deutschen Film von 1918 bis 1933 in den Mittelpunkt. Hitlers Hollywood knüpft nun thematisch wie auch chronologisch an diese Produktion an.

Wie schon im Vorgänger Von Caligari zu Hitler geht Suchsland akribisch genau und mit viel Liebe zum Detail vor. Dazu gehört, die Rolle des „Diktator des Kinos“ – Joseph Goebbels – genauer zu beleuchten. Denn Goebbels war es, der früh die Wirkung des Massenmediums ‚Film‘ erkannte und in Deutschland ein zweites Hollywood aufbauen wollte. Geschickt streut Suchsland an dramaturgisch sinnvollen Stellen Original-Zitate der Mächtigen ein. In erster Linie die kruden, verblendeten Aussagen des Propagandaministers.

Ebenso geschickt ist es, immer wieder auf originale, teils private Film-Aufnahmen aus der damaligen Zeit zurückzugreifen. Aufnahmen, die den (Vorkriegs-) Alltag im NS-Staat zeigen: Die Menschen genossen den Wohlstand, den Hitler brachte, sowie die damit verbundenen, allwöchentlichen Kinobesuche. Während der Zeit im Kino jedoch, und das ist die wichtigste Botschaft des Films, wurden der Bevölkerung die weltfremde Ideologie und die (Rassen-) Theorien der braunen Brut einverleibt – unterschwellig und unbemerkt.

Mit welchen Filmen dies geschah, zeigt Hitlers Hollywood so allumfassend und vielseitig wie nichts zuvor. Zu sehen gibt es u.a. ausgewählte Ausschnitte aus bekannten Hetzfilmen wie „Hitlerjunge Quex“ oder dem monumentalen Durchhalte-Epos „Kollberg“, die Suchsland stets fundiert und in einen größeren Zusammenhang einordnet. Darüber hinaus zeigt der Film Szenen aus vielen vergessenen NS-Werken wie z.B. „Zu neuen Ufern“ mit Zarah Leander und dem U-Boot-Drama „Morgenrot“ von 1933.

04.01.2018

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