I Am Not a Witch Frankreich, Deutschland, Grossbritannien 2017 – 94min.
Filmkritik
Ein sambischer Balanceakt zwischen Tragik und Humor
Nach einem harmlosen Vorfall wird die kleine Shula von den Dorfbewohnern der Hexerei bezichtigt, für schuldig befunden, in staatliches Gewahrsam genommen und schliesslich in ein Hexencamp gebracht, wo sie zunächst harte Arbeit auf einem Feld zu verrichten hat.
Umgeben von Frauen, die wie sie aufgrund des Aberglaubens der Menschen verurteilt worden sind, wird dem Mädchen ein weisses, an einer schweren Holzspule befestigtes Band am Rücken angebracht. Schliesslich wird sie vor eine Entscheidung gestellt, die innerhalb einer Nacht getroffen werden soll: Wenn sie das Band durchschneiden sollte – so wird ihr vorausgesagt – würde sie sich in eine Ziege verwandeln. Sollte sie das Band, das sie an die Spule fesselt, hingegen intakt lassen, so könne sie als Hexe im Camp als Staatseigentum weiterleben.
Durch seine Fremdartigkeit ist es genau dieser Aberglaube, der einen in Staunen versetzt und gleichermassen schockiert. So ist die Eingliederung in sogenannte Hexencamps in Ghana und Sambia auch heute noch eine verstörend reale Angelegenheit, die durch I am Not a Witch einem weltweiten Publikum auf aussergewöhnliche Weise ins Bewusstsein gerufen wird. Rungano Nyoni scheint keine Herausforderung zu scheuen. Die in Sambia geborene und in Wales aufgewachsene Regisseurin beweist mit ihrem ersten längeren Film, dass ihr keine Thematik zu heikel ist. Mit viel Feingefühl gelingt es ihr, in rund eineinhalb Stunden eine tragische und kaum von der internationalen Presse beachtete Begebenheit zu beleuchten und damit einen bedeutenden FIlm – nicht nur als Erstlingswerk – sondern vor allem auch als Zeugnis der Macht des immer noch anhaltenden Aberglaubens in Sambia geschaffen zu haben.
Erstaunlich an diesem Regiedebüt ist die Experimentierfreude, der Mut und die Ungezwungenheit, mit der die Regisseurin das ländliche Sambia und die fremd anmutenden Bräuche darstellt: Zwischen Sozialsatire feministischer Kritik und Drama, das aufrütteln soll, ohne dabei von ihrem Film als poetisches Werk abzuschrecken, präsentiert sich I Am Not a Witch wie ein ausgeklügelter Balanceakt zwischen Tragik und Humor.
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