Razzia Belgien, Frankreich, Marokko 2017 – 119min.

Filmkritik

Glücklich ist, wer nach seinen Wünschen leben kann

Noëlle Tschudi
Filmkritik: Noëlle Tschudi

Salma kämpft um ihre Emanzipation, der in einem konservativen Quartier aufgewachsene Hakim wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Rockstar zu werden, Inès ist auf der Suche nach ihrer eigenen Sexualität hin- und hergerissen zwischen Tradition und Moderne und Joe verzehrt sich danach, im kosmopolitischen Casablanca seiner Träume zu leben.

Die Geschichte um diese miteinander verknüpften Einzelschicksale beginnt mit Abdallah, einem passionierten Lehrer vom Atlasgebirge im Jahre 1982 und endet 2015 in Casablanca, der von Hollywood beschönigten Metropole, die in Razzia früher oder später alle Protagonisten miteinander verbindet: Sie alle protestieren auf ihre ganz persönliche Art und Weise gegen Konventionen, Traditionen und einen Staat an, der reguliert, kontrolliert und unifiziert und damit – wie aus dem Film hervorgeht – oftmals mehr Schaden als Nutzen anrichtet.

So unterschiedlich Salma, Hakim, Inès und Joe auch sein mögen, so universell ist ihr Verlangen nach Freiheit und Selbstbestimmung, das sich vor dem Hintergrund eines Aufstandes verwirklichen soll. Doch nicht alle gehen gleich mit ihrem Wunsch nach Veränderung um, und so nimmt ihre Geschichte ihren Lauf...

Nabil Ayouch porträtiert in seinem neuesten Werk anhand der Geschichte von mehreren miteinander verknüpften Schicksalen ein Marokko nach dem arabischen Frühling: Gespalten durch Korruption, islamischen Fundamentalismus und dem Konflikt zwischen Tradition und Modernität – feinfühlig, aufrüttelnd, bewegend. Auf dramatische Art und Weise führt Razzia damit unter anderem vor Augen, welche weitreichenden Konsequenzen Fehlentscheidungen haben können, wie unterschiedlich Menschen mit ihrem ganz persönlichen Streben nach Freiheit umgehen und wofür es sich zu Kämpfen lohnt. Feinfühlige Schauspielkunst, poetische Aufnahmen und ein erschütterndes, doch zugleich Hoffnung erweckendes Finale, dessen Intensität sich ins Unerträgliche steigert, machen das Drama zu einem Kinoerlebnis, das aufrüttelt und bewegt.

26.03.2024

4

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