Kindeswohl Grossbritannien 2017 – 105min.
Filmkritik
Zwischen Justiz-Thriller und Beziehungsdrama
Fiona Maye ist angesehene Richterin am Obersten Gericht in London, wo sie sich ethisch komplexer Familienangelegenheiten annimmt. Doch für ihre zeitintensive Arbeit zahlt sie einen hohen Preis. Gerade als sie eine Ehekrise durchstehen muss, landet ein höchst brisanter Fall auf ihrem Schreibtisch.
Der 17-jährige Adam (Fionn Whitehead) leidet an Leukämie. Eine Bluttransfusion könnte sein Leben retten, doch genau diese wird von ihm und seinen den Zeugen Jehovas angehörenden Eltern aus religiöser Überzeugung abgelehnt. Um entscheiden zu können, ob die lebensrettende Massnahme auch gegen ihren Willen angeordnet werden darf, besucht Fiona Maye (Emma Thompson) den Jugendlichen im Krankenhaus und findet dort einen geistreichen jungen Mann vor, der zunächst fest davon entschlossen ist, seinen Willen durchzusetzen, dann aber immer mehr in einen Gewissenskonflikt gerät. Maye trifft schliesslich eine Entscheidung in diesem vertrackten Fall. Mit ihrem Richterspruch kann er aber noch lange nicht zu den Akten gelegt werden, denn Adam empfindet fortan eine unbeschreibliche Sympathie für sie und folgt ihr wie ein Schatten…
2014 veröffentlichte Schriftsteller Ian McEwan seinen Bestseller «The Children Act» («Kindeswohl»), in welchem der Grundsatz, dass das Kindeswohl stets das oberste Anliegen der Gerichte sein sollte, thematisiert wird. Er ist es auch, der hinter dem Drehbuch von Richard Eyres Kindeswohl steht. Für die Buchverfilmung um einen Gerichtsfall eines 17-jährigen Leukämiepatienten hätte Eyre keine bessere Besetzung finden können: Oscar-Preisträgerin Emma Thompson vereint scheinbar mühelos unterschiedlichste Facetten der Richterin Maye und überzeugt in jeder Szene. Ihr makelloses, professionelles und unnahbares Auftreten im Gerichtssaal wirkt ebenso glaubhaft, wie ihre verletzliche Seite, die sich immer dann zeigt, wenn die Fassade Fiona Mayes zu bröckeln beginnt, und ihr privates Ich zum Vorschein kommt. Wie Thompson liefert dann auch Stanley Tucci als von seiner Ehefrau immer wieder aufs Neue enttäuschte Gatte überzeugendes Schauspiel in einem Beziehungsdrama, welches vornehmlich in der zweiten Filmhälfte im Fokus steht.
Obwohl die erste analytische Hälfte von Kindeswohl zunächst einen klassischen geradlinigen Justiz-Thriller vermuten lässt, ist das Drama aus der Feder von McEwan alles andere als das: Regisseur Eyre legt die ursprüngliche Prämisse um das brisante Gerichtsurteil rasch ad acta und führt die Zuschauer danach in gefühlreichere, melodramatische Gefilde. Was dann folgt ist ein Spiel Eyres mit der Erwartungshaltung des Publikums, das wohl so manch einen, der die Romanvorlage des Filmes nicht kennt, erstaunen dürfte – nicht zwingend auf eine positive Art und Weise. Zwar wird in der zweiten Hälfte eine der Grundaussagen des Films verdeutlicht, indem deutlich dargelegt wird, dass auch Richter nur Menschen sind – doch die Art, auf welche dies geschieht, lässt den Film dann auch in zwei kaum vereinbare Teile zerfallen. Dass Kindeswohl dennoch sehenswert ist, dürfte letzten Endes vor allem dem bemerkenswert abwechslungsreichen Schauspiel von Emma Thompson zu verdanken sein.
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Kommentare
Ein sehr reales und tragisches Drama Emma Thompson brilliert! Das Leben geht teilweise schon Tragische Wege !! Liebe dramas aber es gibt schon übler Stoff !!
Hinter der berührenden Geschichte auch interessant, hinter die Gerichtskulissen zu sehen. Wie aus dem Bürogang direkt in eine andere Welt...
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