What Will People Say Deutschland, Norwegen, Schweden 2017 – 106min.

Filmkritik

Der Culture-Clash-Graben in der Familie

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Iram Haq schildert ausgehend von eigenen Erlebnissen, wie eine in Norwegen aufwachsende Pakistani in den Clinch mit ihrer Familie gerät.

Die 15-jährige Nisha ist mit ihrer Familie vor einigen Jahren aus Pakistan nach Norwegen gezogen. Sie fühlt sich hier wohl und ist bestens integriert: besucht die Schule, spricht fliessend die Landessprache, hat einheimische Freundinnen und Freunde, mit denen sie ihre Freizeit verbringt. Ihr Eltern allerdings – obwohl ausgewandert, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu sichern – sind in Norwegen weniger angekommen und halten zu Hause die Werte und Traditionen ihres Herkunftslandes hoch. Nisha bringt das dadurch bedingte Leben in zwei kulturell und gesellschaftlich unterschiedlichen Welten so lange locker unter einen Hut, bis ihr Vater in ihrem Zimmer eines Tages einen ihrer Freunde entdeckt und diesen verprügelt: Eine Pakistani hat sich vor der Hochzeit nicht mit (nicht-pakistanischen) Männern einzulassen.

Obwohl Nisha nun in einem Schutzprogramm mit betreutem Wohnen aufgenommen wird, gelingt es ihrem Vater und Bruder, sie zu entführen. So findet sie sich nach einigen Tagen unverhofft im pakistanischen Hinterland bei fremden Verwandten wieder, die ihrem Vater versprechen, seine Tochter in die traditionelle Lebensweise einzuführen. Nach einem ersten Fluchtversuch beginnt sich Nisha auf die neue Situation einzulassen, besucht mit ihrer Cousine die Schule, entdeckt auch die Schönheiten Pakistans. Doch je länger sie bei ihren Verwandten lebt, desto näher kommt sie auch ihrem ungefähr gleichaltrigen Cousin… und das gefällt ihrer Tante und ihrem Onkel überhaupt nicht.

Die pakistanisch-norwegische Filmemacherin Iram Haq – sie hat vor fünf Jahren in ihrem Regiedebüt (I Am Yours) von einer alleinerziehenden Pakistani in Norwegen erzählt – verarbeitet in ihrem zweiten Spielfilm eigene Erlebnisse; so wie Nisha soll sie als Jugendliche von ihren Eltern gezwungen worden sein, eineinhalb Jahre in Pakistan zu leben. Sie tut es mit viel Feingefühl und Verständnis, nicht nur für die von Maria Mozhdah in ihrem ersten Leinwandauftritt beeindruckend intensiv gespielten Nisha, sondern auch für deren von der Situation masslos überforderten Vater Mirza (Adil Hussain, Life of Pi), der im Prinzip genauso fatal wie seine Tochter in den Clinch zwischen den Kulturen gerät. Und so ist der Film What Will People Say, auch wenn er zwischendurch andere Wege einschlägt, letztlich nichts anderes als eine emotional heftige Coming-of-Age-Story, in der eine junge Frau mutig um die Ablösung von ihrem Elternhaus kämpft.

26.03.2024

4

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