303 Deutschland 2018 – 120min.

Filmkritik

Gedanken auf der Überholspur

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Das Roadmovie ist ein Genreklassiker der Filmgeschichte. Ob im Auto auf der Flucht vor der Polizei wie in Bonnie & Clyde oder querfeldein auf dem Traktor, um den kranken Bruder zu treffen, so wie es David Lynch in A Straight Story inszeniert hat, die Antriebe der Bewegung sind ebenso vielfältig wie die Fortbewegungsmittel.

Und es muss nicht immer die Strasse sein, auch in der Eisenbahn, auf dem Schiff oder gar zu Fuss – wie es Forrest Gump bei seiner Selbstfindung durch die US-Geschichte getan hat – kann man der Erkenntnis entgegengondeln. Gemein ist allen Filmen jedoch, dass es weniger um das Erreichen des Ziels geht, sondern um die Bewegung an sich.

Auch Regisseur Hans Weingartner begibt sich mit seinem neuen Film 303 auf die Straße – und setzt zugleich die Gedanken in Bewegung. Denn seine Protagonisten berauschen sich nicht an der Geschwindigkeit, sondern an der Intensität ihrer Diskussionen.

Weingartner selbst hat sein neuestes Werk als „Anti-Tinder“-Film beschrieben, da es statt einer Wisch-und-weg-Bewegung um die langsame Annäherung zweier Seelen gehe. Und tatsächlich ist das nicht nur die Essenz, sondern auch letztlich die komplette Handlung: Jule will mit ihrem Wohnmobil, Modell 303, nach Portugal fahren und gabelt an einer Raststätte den Studenten Jan auf. Die beiden fahren gemeinsam Richtung Süden und sammeln dabei Kilometer, Diskussionen und Emotionen.

303 lässt sich Zeit. Für die Annäherung. Für die Gedanken. Für den Film. 145 Minuten lang philosophieren die beiden über Gott und die Welt, über Liebe und Kapitalismus, über Anziehung und Angst. Und das passiert ebenso unaufgeregt wie aufrichtig. Mala Emde und Anton Spieker dabei zuzusehen, wie sie sich in ihren Gedanken und letztlich in ihrem Gegenüber verlieren, ist wahrhaftig hinreissend.

303 gelingt es, die „Freiheit der Strasse“ in die Möglichkeit einer persönlichen Freiheit zu übersetzen, es ist ein Ausbruch aus Smalltalk-Zwängen und Zukunftsängsten, ein Hadern und Hinterfragen, ein Wollen und Werden. Und ein wundervolles Roadmovie, das sich anfühlt wie eine rotweingeschwängerte Nacht bei guten Freunden.

26.03.2024

4

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Kommentare

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Patrick

vor 6 Jahren

303 lebt hauptsächlich von den Dialogen diese wen man auch wirklich Zuhört und sich darauf einlässt sehr treffend und Menschlich wirken.Sowie stimmt auch die Chemie der Hauptdarsteller untermalt mit schönen Aufnahmen und coolem Soundtrack.303 wurde chronologisch abgedreht da sie wirklich nach Portugal fuhren.Mehr anzeigen


anabah

vor 6 Jahren

Ein wirklich wunderbarer Film, der von seiner Message her viel zu sagen hat! 303 macht Lust, selber ins Auto oder Wohnmobil zu steigen und sofort loszufahren, die ganze Welt wartet auf einen. Genau dieses Feeling sowie die Schwierigkeiten, die es bei einer Annäherung und Partnerschaft zu überwinden gilt, vermag der Film perfekt zu übermitteln. Die beiden Hauptdarsteller spielen ihre Rollen hervorragend, vorallem Mala Emde. 303 ist im wahrsten Sinne ein Roadmovie, denn auch die wunderbaren Landschaftsaufnahmen sind es wert, sich den Film anzuschauen.Mehr anzeigen


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