Cómprame un revolver Kolumbien, Mexiko 2018 – 84min.
Filmkritik
Vom Fressen und gefressen werden
Huckleberry Finn meets Mad Max: Fury Road: Der mexikanische Thriller Cómprame un revolver über ein Mädchen, das sich an der Hand von ihrem drogensüchtigen Vater in einer von Drogenkartellen beherrschten Dystopie zurechtfinden muss, ist eine Mischung aus Wildem Westen und karger Wüstenapokalypse.
In einem dystopischen, zeitlich undefinierten Mexiko beherrschen Drogenkartelle alles, wirklich alles – wie es zu Beginn heisst. Und: Frauen sind eine Rarität, weshalb die Bevölkerung langsam aber sicher zu schrumpfen beginnt. Ein drogensüchtiger Vater, der als Platzwart eines Baseballfelds für einen Drogenboss arbeitet, tarnt seine Tochter namens Huck deshalb als Junge und versucht sich irgendwie durchzuschlagen. Doch seine Abhängigkeit von den skrupellosen Narcos wird ihm zum Verhängnis, als er als Musiker beim Geburtstagsfest des Kartellchefs auftreten soll und seine Tochter mitbringt…
Das Wissen um eine drohende Eskalation der Situation besteht praktisch von Beginn weg: Huck, die oft mit Maske und Helm unterwegs ist, beschreibt, wie aufgrund der skrupellosen Narcos nur noch sie und ihr Vater in einem Trailer neben dem Baseballfeld wohnen, wo sich ein Drogenkartell ab und zu zum Vergnügen trifft. Dass praktisch alle Anhänger des Kartells rund um die Uhr Schutzwesten tragen und ein Maschinengewehr bei sich haben, macht die Situation nicht gerade entspannter, und Hucks Streuner-Freunde, allen voran der einarmige Finn (spätestens hier lassen sich die Parallelen zu Mark Twains «Huckleberry Finn» nicht mehr abstreiten) erzählen dem burschikosen Mädchen Horrorgeschichten, als sie von einem Kartell gefangen genommen wurden.
Die für die Situation schaurig schönen Eindrücke der manchmal kargen, manchmal üppig blühenden mexikanischen Landschaft stehen damit im krassen Gegensatz zur Gesamtlage, in der wir uns befinden: Fressen oder gefressen werden scheint sogar für Kinder das Motto zu sein. In welcher Zeit – Dystopie, Zukunfts-Apokalypse, Postapokalypse – wir uns befinden, ist dabei nur eine der Fragen, die während den kurzen 88 Minuten offengelassen werden. Vielleicht vermag auch gerade das am Ball zu halten – auch, weil einem das Schicksal der Figur Huck zu Herzen geht, deren Darstellerin Matilde Hernandez am Rande an die von Millie Bobbie Brown intensiv gespielte Eleven in «Stranger Things» erinnert. Nichtsdestotrotz verpasst es der Film – wohl auch vor lauter Hommagen an andere Werke – die Figuren mit genügen emotionaler Tiefe auszustatten, um den Nervenkitzel der mit viel Potential ausgestatteten Ausgangslage völlig auszuschöpfen. Das hindert Cómprame un revolver aber nicht daran, mit beklemmender Atmosphäre auf die Tragik der Auswirkungen von Drogen und den Teufelskreis namens Gewalt hinzuweisen.
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