Insumisas Kuba, Schweiz 2018 – 94min.
Filmkritik
Ärztin, Feministin, Kämpferin für Gleichheit
Die kubanisch-schweizerische Koproduktion Insumisas handelt von einer Pionierin der Frauenrechte: Henrietta Faber. Zeit ihres Lebens war sich die Schweizerin nie ihrer bewundernswerten Lebensleistung und Vorreiterrolle bewusst. Längst überfällig, steht sie nun im Zentrum eines unbedingt sehenswerten Films über Geschlechterrollen, sexuelle Identität und Rassenungerechtigkeit.
Das Jahr 1819: Enrique Faber (Sylvie Testud) ist ein aus Lausanne stammender Chirurg, der in Kuba als Arzt arbeitet. Er ist mit Juana de León verheiratet, und von aussen scheint alles perfekt. Bis herauskommt, dass Enrique in Wahrheit eine Frau ist. Hinter der Maske verbirgt sich Henrietta Faber, die sich als Mann verkleidet hat, um Medizin zu praktizieren – und um in Kuba ihren Sohn zu finden. Dieser wurde einst nach Kuba verschleppt. Doch Henrietta selbst droht nun ebenfalls ein schlimmes Schicksal. Das Gericht will ihr wegen Betrugs den Prozess machen. Eine langjährige Haftstrafe steht bevor – oder Schlimmeres.
Insumisas gingen akribische, langjährige Recherchen der beiden Filmemacher Fernando Pérez und Laura Cazador voraus. Denn ein Grossteil der Informationen über Faber und ihr Leben auf Kuba beruht lediglich auf ihren eigenen vor Gericht geäusserten Geständnissen. In der Schweiz wie auch in anderen Teilen der Welt ist ihr Schicksal wenig bekannt – nicht einmal eine Geburtsurkunde fanden Pérez und Cazador in den Archiven in Lausanne.
Umso beachtlicher, was Pérez und die Schweizerin Cazador aus Insumisas gemacht haben: eine nachdrückliche, sehr spezifische Charakterstudie über eine Frau, die ihrer Zeit Jahrzehnte, ja fast Jahrhunderte voraus war. Sie war eine Vorreiterin der Frauenrechte im Bereich Bildung, lebte ein – trotz der „männlichen“ Maskerade – selbstbestimmtes Leben in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung und erhob ihre Stimme gegen die Sklaverei (in Kuba wurde diese erst 1886 abgeschafft).
Überhaupt ist es diese Vielfalt an stets gekonnt ausbalancierten Themen, die Insumisas detailliert transportiert. In dem geringbudgetierten Film geht es nämlich gleichwohl um lateinamerikanische Identität und die durch die unterdrückenden spanischen Kolonisten proklamierte Rassenungleichheit.
Sylvie Testud ist als Enrique/Henriette Faber eine Wucht. In ihrem Gesicht spiegeln sich ihre innere Zerrissenheit und seelischen Qualen. Von der ersten Szene bis zum finalen Akt nach ihrer Enttarnung verleiht sie ihrer Figur eine ungemeine psychologische Tiefe. Ihre Leistung passt sich all den anderen brillant umgesetzten Elementen an: von den (bedrohlich düster gehaltenen) Farben über das gelungene Make-up, die Ausleuchtung und den virtuosen Schnittarbeit bis hin zu den realistischen Schauplätzen. Alles bildet eine Einheit.
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Kommentare
Die Schlüsselszene für mich:
Eine Frau rettet Leben - das bringt ihr einen Exorzismus ein.
Im Gegensatz zu vergewaltigenden, mordenden Sklavenjägern.
Ora pro nobis-Gemurmle in der Kirche.
Immerhin ein fragender. in Frage-stellender Blick des Exorzisten,
als die Frau das Kreuz küsst.
Wo hockt nun der Teufel?… Mehr anzeigen
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