À l’école des Philosophes Schweiz 2018 – 97min.
Filmkritik
Grosse kleine Schritt ins Leben hinaus
Fernand Melgar begleitet fünf Kinder mit besonderen Bedürfnissen durchs Jahr ihrer Einschulung.
Sie heissen Kenza, Louis, Léon, Chloë und Albiana, sind fünf, sechs Jahre alt und sollten, wie alle Kinder in der Schweiz, eingeschult werden. Doch was für die meisten Kinder ein mit Spannung erwartetes Ereignis auf dem Weg gesunden Heranwachsens ist, ist für die neuen Zöglinge der Sonderschule an der Rue des Philosophes in Yverdon-des-Bains ein riesiger Schritt ins Leben hinaus. Sie alle nämlich sind geistig, zum Teil auch körperlich beeinträchtigt. Die einen mehr, die anderen weniger, doch alle so fest, dass sie stärker als andere Kinder auf Betreuung und Pflege angewiesen sind. Etwas vom Augenfälligsten in diesem Film von Fernand Melgar ist die enge Verbundenheit der Kinder mit ihren Eltern, die diesen emotional sehr viel näher stehen, als dies bei gesunden normalerweise der Fall ist; am krassesten ist die Situation da, wo man ein gesundes Geschwister vorübergehend bei den Grosseltern aufwachsen lässt.
A l’école de philosophes setzt ein mit den Aufnahmegesprächen, in denen man nebst den Eltern auch den Schulleiter, die Klassenlehrerin und Betreuerinnen kennenlernt, unter diesen Stefania, die nach ihrer Matura ein einjähriges Praktikum absolviert. Anstrengend, wird Stefania später erzählen, sei der erste Tag an der Schule gewesen und sie habe daran gezweifelt, ob sie das Jahr schaffe. Bilanz ziehend aber feststellen, dass sie im Umgang mit diesen Kindern viel gelernt und selber Selbstbewusstsein gewonnen habe. Zu Ende kommt A l’école des philosophes über ein Jahr später, als ein neuer Schüler zur Klasse stösst und man in erneuten Gesprächen Standorte bestimmt. Alle Kinder haben für ihre Verhältnisse enorme Fortschritte gemacht und einiges gar erreicht, von dem die Eltern im Voraus wohl kaum zu träumen wagten.
Fernand Melgar arbeitet in L’école des philosophes mit weitgehend denselben Methoden, wie in seiner Flüchtlings- und Asylpolitik-Trilogie (L’abri, Vol spécial, La forteresse) und dem Sterbehilfe-Film Exit: Er kommentiert nicht, aber stellt – auch wenn man diese oft nicht hört – Fragen, wobei er vor emotional intimen Momenten so wenig zurückschreckt, wie vor heiklen Themen. Vor allem aber schaut und hört er zu. Er erweist sich dabei im Schulalltag wie bei den Besuchen zu Hause als einfühlsamer und sehr aufmerksamer Beobachter und lässt den Zuschauer teilhaben an den kleinen grossen Momenten, die das Abenteuer Leben für jeden bereithält. Ein in mannigfaltiger Hinsicht überaus bewegender Film!
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