Place publique Frankreich 2018 – 98min.
Filmkritik
Der Schein trügt
Eine Party, die völlig aus dem Ruder läuft: Das hatten wir doch schon (mindestens) einmal. Nachdem im letztjährigen Kinofilm C’est la vie – das Leben ist ein Fest die rauschende Party aus Sicht der Bediensteten erzählt wird, sind wir mit Place Publique nun mittendrin in der Pariser High-Society. Beides mal mit dabei: Jean-Pierre Bacri – damals als verbitterter Wedding-Planner, nun als verkappter TV-Star.
Nathalie (Léa Drucker), eine erfolgreiche TV-Produzentin, feiert die Einweihung ihres Landsitzes etwas abseits von der französischen Hauptstadt – „nur 30 Minuten von Paris, nicht zu glauben, dabei so ruhig“ und lädt dazu das Who-is-Who der Szene ein. Mit dabei ist ihre alternative Schwester Hélène (Agnès Jaoui) sowie deren Ex-Mann Castro (Jean-Pierre Bacri), der als Moderator unter Nathalies Regie seinen illustren Gästen auf den Zahn fühlt. Doch auch ein Star wie Castro scheint nicht ewig am Himmel, das machen ihm auch die jungen Youtube-Stars klar, die samt Entourage cool neben dem Pool chillen. Im Laufe des Abends kommen weitere Gäste dazu, die für immer mehr explosives Potential sorgen: Da ist zum Beispiel Castros Tochter (Nina Meurisse), die gerade einen an das Privatleben ihrer Familie angelehnten Roman veröffentlicht hat, oder Castros neue Flamme (Héléna Noguerra), eine Schauspielerin, die soeben von einem in den Sand gesetzten Vorsprechen kommt und dementsprechend ausgelassen feiern will. So hält der Abend einige Reibereien bereit, die schlussendlich zu einem überraschenden Ausgang führen.
Agnes Jaoui, die sich sowohl für das Drehbuch als auch die Regie von Place Publique verantwortlich zeigt, erklärt den kammerspielartigen Drehort mit der Einfachheit: Nachdem sie für Au bout du compte 53 verschiedene Drehorte suchen und finden musste, verspürte sie den Wunsch, in ihrem neuen Werk lediglich einen Schauplatz zu haben. Grundsätzlich bietet ein Kammerspiel auch einiges an Potential: Viele bissige Komödien sind so entstanden – zum Beispiel Carnage, The Party oder Le prénom. Auch Place Publique hat die gleiche Grundidee: Auf dem Landsitz trifft sich zwar die Pariser High Society, damit prallen jedoch auch unterschiedliche Weltansichten, Persönlichkeiten und soziale Schichten aufeinander. Einige Figuren sind dann auch sehr sympathisch gezeichnet und ebenso gespielt, so zum Beispiel die auf der Strecke gebliebene Tochter von Castro oder dessen Chaffeur, der das Geschehen als Aussenseiter betrachtet, obwohl er die Familie schon seit Jahren kennt.
Leider gibt es aber ebenso viele Figuren, die überzeichnet wirken und damit im krassen Gegensatz zur eher ernsthaften Tonalität des Filmes stehen. Denn obwohl der Film auch einige gelungene heitere Momente vorweisen kann, kommen die Dialoge nicht immer so leicht daher, wie diese wohl vorgesehen waren – der Abend gestaltet sich damit eher schleppend. Die angeschnittenen Themen wie der Einfluss von sozialen Medien auf unseren Alltag, der Umgang mit dem Älterwerden oder der Unterschied zwischen Stadt und Land hätten zwar allesamt das Potential für eine scharfzüngige Entladung gehabt, die Zuspitzung der Probleme geschieht aber nicht in dem Sinne, in dem man sich das als Zuschauer vielleicht gewünscht hätte. Denn obwohl sich die Truppe rund um Bacri und Jaoui sichtlich bemüht, der Pariser Oberschicht mit Zynismus zu begegnen, hätte der Komödie mehr Leichtigkeit à la C’est la Vie – Das Leben ist ein Fest oder mehr Biss à la The Party auf jeden Fall gutgetan.
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