Searching USA 2018 – 101min.

Filmkritik

Digitale Spurensuche

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

In seinem Spielfilmdebüt erzählt der Regisseur Aneesh Chaganty eine recht konventionelle, etwas überkonstruierte Thriller-Geschichte, präsentiert diese aber in einer spannenden Form. Searching spielt, ähnlich wie der Horrorschocker Unknown User, ausschliesslich auf Computer- und Handybildschirmen und ermöglicht es dem Zuschauer dadurch, den Gedanken und Gefühlen der Protagonisten erstaunlich nahezukommen.

Nach dem Tod seiner Ehefrau kämpft sich der Witwer David Kim (in seiner Verzweiflung und Entschlossenheit überzeugend: John Cho) gemeinsam mit seiner Tochter Margot (Michelle La) durch den Alltag und bemüht sich um ein gutes Verhältnis zu der Jugendlichen. Als die 16-Jährige eines Tages verschwindet, beschliesst ihr Vater, nicht tatenlos herumsitzen, sondern die eingeschaltete Polizei bei ihren Nachforschungen zu unterstützen. Während Detective Vick (Debra Messing) in der realen Welt nach Hinweisen sucht, nimmt sich David den Laptop und die Social-Media-Profile der Vermissten vor und stösst dort schon bald auf beunruhigende Ungereimtheiten: Offenbar kannte er Margot viel weniger, als er dachte.

Wie simpel, aber ungemein effektiv ein Desktop-Film seinen Betrachter in den Bann ziehen kann, demonstriert Chaganty bereits mit seinem cleveren Einstieg. Fotos, Videos und Kalendereinträge erzählen pointiert und durchaus ergreifend von Margots Aufwachsen, der Erkrankung ihrer Mutter und dem schmerzhaften Verlust, der eine klaffende Lücke hinterlässt. Searching trägt hier dem Umstand Rechnung, dass Computer und Smartphones mittlerweile zu Chroniken unseres Lebens geworden sind, auf denen wir alle nur erdenklichen Ereignisse und Momente festhalten.

Mag die Chat- und Bildschirmoptik zunächst wenig interessant erscheinen, eröffnet sie ein ums andere Mal erstaunlich tiefe Einblicke in das Innenleben der Figuren. Etwa dann, wenn David während einer Online-Unterhaltung mit seiner Tochter plötzlich einen Teil des getippten Satzes löscht und seine Nachricht leicht abgewandelt verschickt. Ins Visier des mit Krimielementen angereicherten Thrillers geraten im Verlauf der fieberhaften Suche auch diverse Auswüchse des digitalen Zeitalters, das leider immer häufiger von fragwürdigen Selbstinszenierungen, wilden Spekulationen und bösen Hetzjagden geprägt ist.

So sehr man sicher darüber freuen kann, dass Searching anders als der doch arg klischeehafte Unknown User, von lebensecht gezeichneten Menschen handelt, so wenig lässt sich verhehlen, dass das Drehbuch in der zweiten Hälfte einige Wendungen zu viel nimmt und eine etwas forcierte Auflösung präsentiert. Trotz dieser Abstriche bleibt Chagantys Debütwerk aber einer der bislang stärksten Filme, die den Bildschirmansatz konsequent durchexerzieren.

17.09.2018

3

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Kommentare

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navj

vor 6 Jahren

Was weiss eigentlich das Internet über uns? Genug Informationen um Spuren zu liefern, wenn es um das Verschwinden der eigenen Tochter geht, wie David Kim (John Cho) es erfahren muss. „Searching“ verbindet einen klassischen Entführungsthriller mit einer reinen Computer-Optik. Auch wenn das visuelle und innovative Konzept sich ausschliesslich mit Desktop und verschiedenen Multimedia-Funktionen begnügt, so ist der Film ebenfalls ein richtig spannender und abwechslungsreicher Thriller.Mehr anzeigen


elelcoolr

vor 6 Jahren

Das Bildschirm-Konzept des Filmes ist genial umgesetzt! So was habe ich bisher noch nie gesehen. Ich bin total begeistert. Sehr originell. Eine spannende Schnitzeljagt durch das WWW.


nick74

vor 6 Jahren

Sehr spannend gemacht. Etwas zu viel "Social Media - Heile Welt" für meinen Geschmack, daher nur 4 Sterne.


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