Styx Österreich, Deutschland 2018 – 94min.
Filmkritik
Ist das Boot jetzt voll – oder nicht?
Leichte Kost ist Styx nicht. Er strapaziert die Geduld, auch und gerade, weil er sich typischen Erzählmustern verweigert. Ein konventioneller Film hätte zwei oder drei Personen auf der Yacht in den Mittelpunkt gerückt. Man hätte die Geschichte durch Dialoge vorantreiben können. Doch die Hauptfigur ist allein mit der Stille – und der Zuschauer ebenso.
Eine Notärztin (Susanne Wolff) bereitet ihre Segelyacht für eine lange Reise vor, die sie alleine bestreiten will. Sie macht sich auf den Weg, ist firm in dem, was sie tut und trotzt auch dem schlimmsten Wetter. Nach einem solchen Unwetter sieht sie gut 200 Meter von ihrer Position entfernt einen treibenden Kutter, auf dem sich zahlreiche Flüchtlinge befinden, die sich selbst nicht mehr helfen können. Sie setzt einen Notruf an und wartet darauf, dass Hilfe kommt – doch diese lässt lange auf sich warten, und obwohl man sie beschwört, nicht selbst aktiv zu werden, zieht sie einen Jungen aus dem Meer heraus. Doch nun muss sie sich fragen, was sie sonst noch tun kann.
Natürlich ist der Film in erster Linie metaphorisch. Und das noch nicht mal besonders subtil, denn „Das Boot ist voll“ ist ein Satz, der einem hier unwillkürlich in den Sinn kommt, da die Hauptfigur bei weitem nicht alle Flüchtlinge retten kann, weil ihr eigenes Boot einfach viel zu klein ist. So nutzt Regisseur Wolfgang Fischer (und Ko-Autor des Drehbuchs mit Ika Künzel) seine Geschichte, um sich dem Flüchtlingsthema auf eine sehr direkte Art zu nähern, indem er das Abstrakte abstreift und den Zuschauer in Form der Hauptfigur direkt mit dem Problem konfrontiert.
Die Notärztin steht dabei stellvertretend für die Deutschen in der Frage, ob man helfen soll oder nicht. Und wenn man es tut, was man überhaupt tun kann. Denn: „Man kann ja auch nicht jeden aufnehmen.“ Auch so ein Satz, den man in Zusammenhang mit diesem Thema häufig hört und an den man denken muss. Er ist, auf gewisse Art und Weise, natürlich wahr, insbesondere, wenn man auf einem zwölf Meter langen Schiff ist und vielleicht Hunderte sich darauf Sicherheit erhoffen.
Sein Hauptthema greift Fischer ganz gut auf, es dauert aber, bis er sich ihm annähert. Bis dahin ergeht sich der Film in zwar schönen, aber letztlich auch leeren Bildern einer Frau, die alleine die Schönheit des Meeres erlebt, aber auch seiner Unbill trotzt. Das hat etwas Archaisches, in der Erzählform, aber auch dem Inhalt. Nur: Es strapaziert auch die Geduld, denn irgendwann hat man sich auch an den schönsten Bildern sattgesehen. Dennoch: Styx ist ein interessanter, in seinem Bestreben auch ambitionierter Film.
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Kommentare
Imposante Bilder verfeinert mit einer famos spielenden Susanne Wolff.Das Thema ist nach wie vor Hoch Aktuell.
Zuletzt geändert vor 3 Jahren
Starkes Kino! Wildes, schönes Meer und Hightech-Yacht im beschaulichen Auftakt. Action und moralisches Dilemma im zweiten Teil. Besonders überzeugend die Hauptdarstellerin, als kluge, autonome Frau ... hin und hergerissen, wie viele Europäer, zwischen Wegschauen und Weitersegeln im globalen Flüchtlingsdrama.… Mehr anzeigen
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