CH.FILM

Contradict Schweiz 2019 – 89min.

Filmkritik

So klingt Globalisierung in Ghana

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Peter Guyer und Thomas Burkhalter hinterfragen in enger Zusammenarbeit mit sechs jungen Musikern aus Ghana so humorvoll wie kritisch den mit der Globalisierung einhergehenden Wandel der Welt.

Neugierig zu erfahren, wie sich der mit der Globalisierung angekündigte Welt- und Wertewandel aus anderer Perspektive darstellt, reisen zwei Schweizer Filmemacher 2013 nach Afrika. In Accra stossen sie auf junge Musiker und Vokalartisten, die kritisch ihre eigene Situation überdenken und provokativ gegen die herrschende (Welt-)Ordnung an-texten: Die Übermachtstellung der USA und die Rolle Afrikas in der heutigen Welt. Ihre eigene, durch die postkolonialen Kämpfe ihrer Eltern und Grosseltern geprägte Erziehung und Weltwahrnehmung. Das mangelnde Selbstbewusstsein der (afrikanischen) Frauen, die Zukunftsperspektiven der Kinder. Der Einfluss der in Ghana omnipräsenten christlichen Kirchen und ihrer salbungsvoll das Heil versprechenden Priester.

Gemeinsam plant man ein multimediales Projekt. Rund um den Song „Help America“, in dem das Rap-Duo FOKN Bois den Untergang der USA ankündigt und die Staaten der Dritten Welt zur Hilfe auffordert, dreht man einen ersten kurzen Film. FOKN Bois gäbe ihm die Möglichkeit zu sagen, was andere bloss denken, meint M3NSA. Er steht zusammen mit seinem Band-Kollege Wanlov the Kubolor sowie vier weiteren jungen Artisten und Artistinnen im Zentrum von Contradict. Textliche Provokation, Witz, Humor sowie die verspielte Fusion unterschiedlichster Musik-Stile und -Genres – Pidgin-Rap, Roma-Musik, Afro-Pop, Jazz, Soul, Funk und Traditionellem – sind die Kennzeichen dieser aufregend neuen jungen Musik aus Ghana, die nicht selten in Hinterhöfen und dämmerigen Schlafzimmern entsteht, sich mittels Internet und sozialer Medien aber blitzschnell verbreitet.

Als Peter Guyer und Thomas Burkhalter vier Jahre später nach Accra zurückkehren, ist die Welt eine andere. Der neue Präsident der USA heisst Donald Trump, die Aufbruchsstimmung ist verflogen. Es sei dies sein letzter sozialkritischer Song, meint M3NSA, als er 2018 am Radio „Switch On“ vorstellt, er müsse sich fortan um seine Familie kümmern. Guyer und Burkhalter aber realisieren, was sie begonnen haben. Kein multimediales Projekt, sondern einen mitreissenden Musikfilm, der ausgehend von einer Reihe extra dafür komponierter Songs und neu produzierter Videos einen beeindruckenden Blick öffnet aufs heutige Afrika, das, auch wenn sich die Perspektiven nicht mehr so rosig präsentieren wie vor zehn Jahren, derzeit einen heftigen soziokulturellen Wandel durchläuft.

21.09.2020

4.5

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Kommentare

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barbara.dietrich.71

vor 4 Jahren

Super Film!


cinerat

vor 4 Jahren

Toller Film, bestehend aus einer Reihe tiefsinniger und amüsanter Episoden. Mal was Positives über Afrika. Die herrlichen und herzlichen Hauptdarsteller sind Philosophen, hochgradig Kreative und Alleinunerhalter vor dem Herrn. Eine Entdeckung!


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