Lunana Bhutan 2019 – 109min.
Filmkritik
Culture-Clash im Himalaya
In der mit humorvollen Untertönen ausgestatteten Mischung aus Drama, Familien-Abenteuer und Naturfilm begibt sich ein Grossstädter auf einen alternativen Weg zum ganz persönlichen Glück – an der entlegensten Schule der Welt in den wilden Bergwelten Bhutans.
Ugyen Dorji (Sherab Dorji) arbeitet als Lehrer in der Stadt und sehnt sich danach, seine Heimat zu verlassen. Doch zunächst geht es für ihn in ein abgeschiedenes Dorf in den Bergen des buddhistischen Königreichs, in dem Ugyen einen Job als Lehrkraft anfängt. Der mehrtägige Weg dorthin ist beschwerlich. Am Ort der entlegensten Schule der Welt angekommen, fällt Ugyen der Start schwer. Doch allmählich lernt er die Menschen und die Mythen der Berge besser kennen.
Regisseur und Drehbuchautor Pawo Choyning Dorji bringt in „Lunana“ Realität und Fiktion ganz unmittelbar zusammen. Die Geschichte um Ugyen und seine Wandlung ist fiktional. Gedreht wurde allerdings in dem tatsächlich existierenden Bergdorf in Bhutan, in dem es auch jene Schule gibt. Die Schülerinnen und Schüler ebenso wie die Bewohner sind Laiendarsteller, die sich selber spielen.
Dieses unverstellte und dokumentarische Element verleihen dem Film etwas zutiefst Wahrhaftiges. Ohnehin wähnt man sich oftmals eher in einer Doku als in einem Spielfilm. Der Inhalt und die Botschaft sind unterdessen nicht neu und wenig originell. Ein Städter kommt in ein abgeschiedenes Dorf und durchläuft eine beachtliche charakterliche Entwicklung, die in der Erkenntnis gipfelt, dass Glück nicht immer in weiter Ferne liegen muss. Das ist wenig überraschend und erwartbar. Zudem stellt sich die Frage: Wie realistisch ist es, dass ein das moderne Grossstadtleben gewohnter Mensch letztlich dann doch so gut in einer unwirtlichen Gegend zurechtkommt, in der es keinen Strom und kein Internet, ja noch nicht einmal eine richtige Toilette gibt. Stattdessen klapprige, alte Möbel und provisorisch zusammengeflickte Planen vor den Fenstern, um den Wind von Draußen fernzuhalten.
„Lunana“ profitiert andererseits von seinem locker-leichten Erzählton und dem beschwingten, pfiffigen Humor. Gerade bei den ersten Begegnungen zwischen Ugyen und den liebenswerten Dorfbewohnern, in deren Verlauf sich Ugyen bisweilen etwas tollpatschig und unbeholfen anstellt. Ganz zur Freude des Zuschauers. Und auch die ansteckende Neugierde und Lebenslust der Kinder gehen nahtlos auf den Betrachter über.
Zwar hat man bisweilen den Eindruck, dass Dorji das Dorfleben zu stark romantisiert und es mit seinen epischen Bildern der Himalaya-Bergwelten und Tälern etwas übertreibt. Wer allerdings in einer derartig beeindruckenden, mal schroffen, mal erhabenen Natur- und Landschafsidylle filmt, kann eigentlich nicht anders, als in übermässigen, ausladenden Panoramaaufnahmen zu schwelgen. Insofern muss man Dorji an dieser Stelle in Schutz nehmen.
Dein Film-Rating
Kommentare
Wer sich bisher noch wenig mit dem Bergstaat Bhutan und seiner rauen, unberührten Schönheit auseinandergesetzt hat, kommt hier in einen starken visuellen Genuss. Das Gefühl von Freiheit und Weite, den wohl nur ein abgeschiedener Ort so hoch oben, bieten kann, klang bei uns noch lange nach.
Wer den Film "School Among Glaciers" gesehen hat, der ebenfalls mit Solar-Power im praktisch stromfreien Ort Jahre zuvor gedreht wurde, sieht zahlreiche Parallelen. So wie bereits der Vorgängerfilm, der -angesichts der Umstände an den Drehorten-, seiner Zeit weit voraus war, überzeugt hier "Lunana" mit seiner Bildkraft.
Warum nur vier statt fünf Sterne? Der Regisseur selber sprach an einem der Filmevents, angesprochen auf den Vorgängerfilm, von "Inspiration", wobei es sich hier wohl eher um eine sehenswerte "Adaption" handelt ...… Mehr anzeigen
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