Shalom Allah Schweiz 2019 – 99min.
Filmkritik
Bekenntnis zu Allah
Shalom Allah begleitet vier Menschen, die das muslimische Glaubensbekenntnis abgelegt haben. Mit dem Bekenntnis zum Islam und seinen Lehren setzt eine Verwandlung ein.
Die 22-jährige Aïcha, Johan und das Ehepaar Lo Mantos sind zum Islam konvertiert. Die damit einhergehenden Veränderungen lassen nicht lange auf sich warten: Die Tochter der Lo Mantos hadert mit dem Glaubenswechsel ihrer Eltern. Aïcha zieht von der Provinz in die Grossstadt. Und Johan trägt nun offensiv seinen Bart und kokettiert mit dem islamischen Glauben.
Als Aufhänger für seinen Film dient Regisseur David Vogel die Frage, wie seine Vergangenheit als gläubiger Jude sein Leben und seine Denkweise beeinflusste – oder immer noch beeinflusst. Hier entstehen spannende Parallelen, die einen Vergleich zwischen ihm und seinen Porträtieren durchaus zulassen.
Denn obwohl Vogel den umgekehrten Weg ging (er hat sich mittlerweile von seinem Glauben entfernt), kann er die Vorurteile, denen sich Aïcha, Johan und die Lo Montas ausgesetzt sehen, nachvollziehen. So müssen sich die Protagonisten immer wieder ihren Mitmenschen gegenüber erklären. Nicht zuletzt durch das äusserliche Bekenntnis zum Islam (Aïcha trägt das Kopftuch voller Stolz) wird klar: Sie sind anders, ihr Glaube unterscheidet sich von dem der meisten anderen Schweizer.
Freimütig erklärt Vogel, dass er sich als Kind als Aussenseiter gefühlt habe. Etwa weil er in der Schule als einziger koscheres Essen mitbrachte. Doch die Religion habe ihm Sicherheit gegeben. Jene Sicherheit, die die Konvertiten durch den Islam erfahren. Antworten auf die Fragen, wieso sie sich für den Islam entschieden und wie der Glaube ihr Leben bereichert, arbeitet Vogel in einfühlsam geführten Gesprächen heraus. Vor allem Aïcha äussert sich ehrlich, jederzeit offen und reflektiert.
Weitere Antworten ergeben sich durch genaue Beobachtung. So sieht man Aïcha, wie sie mit einem Youtube-Video Tipps zum Anlegen des Kopftuchs gibt oder sich an der Uni fürs Gebet in einen Nebenraum zurückzieht. Auch den Lo Montas sieht Vogel dabei zu, wie sie ihre Religion leben – mit allen Herausforderungen. Denn ihre Tochter lehnt sich gegen die strengen Regeln des Islams auf. Zunächst. Am Ende wird sie ebenfalls das Glaubensbekenntnis ablegen. Glücklich darüber scheint sie nicht. Die Zeremonie hält der Hardliner Nicholas Blancho. Die Szenen in seinem Büro gehören zu den beklemmendsten im Film.
Schade ist, dass Vogel zu Johan praktisch keinen Zugang findet. Es gelingt dem zu vage und zaghaft vorgehenden Regisseur leider nicht, zu dem Studenten durchzudringen. Johans wahre Motivationen und Ansichten bleiben bis zuletzt im Dunkeln, die Mauer des Schweigens steht unerschütterlich. Immerhin: Vogel ist so selbstkritisch, dass er dies auch zugibt. Er hätte sich bei dem aus Lausanne stammenden jungen Mann unnachgiebiger zeigen sollen.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung