Tolkien USA 2019 – 112min.

Filmkritik

Prägende Erlebnisse

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Welche Erfahrungen inspirierten J. R. R. Tolkien zu seinen epochalen Fantasy-Werken? Dome Karukoski bringt die Kindheit und Jugend des grossen Erzählers auf die Leinwand.

Der Waisenjunge J. R. R. Tolkien (Harry Gilby) gehört in der Schule anfangs zu den Ausgestossenen. Nach einiger Zeit aber findet der feinfühlige Junge tatsächlich Freunde. Mit seinen intellektuell veranlagten Gleichgesinnten gründet er eine „Bruderschaft“, in der man sich über Kunst und Literatur austauscht. Ein paar Jahre später erwacht im erwachsenen Tolkien (Nicholas Hoult) das Interesse am anderen Geschlecht und er schafft es, seine Jugendliebe Edith Bratt (Lily Collins) zu erobern. Doch der Erste Weltkrieg und vor allem die Schlacht an der Somme beenden das Glück des jungen Mannes unerwartet und heftig.

Tolkien ist im frühen 20. Jahrhundert angesiedelt und spielt Jahrzehnte vor der Entstehung von Tolkiens berühmtestem Werk: Der Herr der Ringe. Der in Liverpool und Manchester gedrehte Film wurde von Dome Karukoski inszeniert, ein aus Zypern stammender Regisseur und Drehbuchautor. Bekannt wurde er 2010 mit der Komödie Helden des Polarkreises.

Karukoski verwandelt Tolkien in einen stimmigen Mix aus Biopic, Romanze und Kriegsdrama, in dem die Zeitebenen kunstvoll miteinander verwoben sind. Die filmische Gegenwart manövriert den Zuschauer zunächst direkt auf die von Leichen übersäten Schlachtfelder Frankreichs. Mittendrin: Tolkien (von Nicholas Hoult mit angenehmer Zurückhaltung verkörpert), der von Erinnerungen an seine Jugend eingeholt wird.

Die Übergänge zwischen der Gegenwartshandlung und jenen Rückblenden in die Schulzeit und die Jahre am College sind fliessend und harmonisch. Einen entscheidenden Raum bei den Flashbacks nehmen dabei die emotional intensiven Erlebnisse zwischen Tolkien und seiner grossen Liebe, Edith, ein. Einige der Szenen zwischen den beiden entbehren nicht einer gewissen Rührseligkeit. Zudem nimmt deren Geschichte zu viel Raum ein. Dennoch zeigen sich in bestimmten Situationen – etwa bei einem Restaurantbesuch – bereits Tolkiens Hang zu Mythologie, Fantasiesprachen, Mystik und religiöser Symbolik. Alles Dinge, die sich in seinen späteren Romanen wiederfinden.

Überhaupt sind die sanften Andeutungen und subtil in die Handlung eingewobenen Bezüge zu späteren Romanen (insbesondere natürlich zur Mittelerde-Reihe) die grosse Stärke des Films. Etwa wenn Tolkien als Kind seine ersten Gedichte schreibt, in denen es um märchenhafte Feenwesen und Zauberwälder geht. Oder vor ihm auf den blutrot gefärbten Schlachtfeldern plötzlich riesige (und gelungen animierte) Drachen sowie in Schwarz gehüllte, bewaffnete Reiter auftauchen, die den Ringgeistern aus «Der Herr der Ringe» ähneln.

21.06.2019

3.5

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Kommentare

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nick74

vor 5 Jahren

Weniger Herr der Ringe und mehr von der Person Tolkien währe besser gewesen.


wbschwery

vor 5 Jahren

ganz intense... tolles plot!


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