Gaza mon amour Frankreich, Deutschland, Palästina, Portugal, Katar 2020 – 87min.
Filmkritik
Fischer sucht Frau
Romantische Komödie mal anders: In ihrem zweiten Spielfilm verbinden die Zwillingsbrüder Arab und Tarzan Nasser eine Liebesgeschichte mit absurden Einlagen und einem Blick auf das von wirtschaftlicher Not und Verunsicherung geprägte Leben im Gaza-Streifen.
Auch im fortgeschrittenen Alter können die Gefühle noch spriessen. Allerdings weiss der 60-Jährige Fischer Issa (herrlich knorrig: Salim Dau) nicht, wie er seine Empfindungen für die verwitwete Schneiderin Siham (Hiam Abbass) überzeugend vorbringen soll. Während seine Schwester (Ruala Adb Elhadi) dem Junggesellen ungefragt heiratswillige Damen vorführt, nähert er sich seiner Angebeteten auf verdruckste Weise an. Aufregung kommt in Issas eigentlich beschaulichen Alltag, als er auf einer seiner Fangtouren eine Statue des griechischen Gottes Apollo aus dem Wasser zieht, die mit einem erigierten Penis ausgestattet ist. Heimlich befördert er den ungewöhnlichen Fund nach Hause, wo jedoch beim Hin- und Herschieben das hervorstehenden Glied abbricht. Nur wenig später bringt ihn die Figur in Konflikt mit den Behörden.
«Gaza mon amour» mag in ausgewaschene Farben getaucht sein und den Handlungsschauplatz häufig von seiner tristen Seite zeigen. Wie ein bleiern schweres Sozialdrama fühlt sich der 2020 in Venedig uraufgeführte Film aber zu keinem Zeitpunkt an. Immer wieder lenken die auch für das Drehbuch verantwortlichen Nasser-Brüder den Blick auf die Verschrobenheit ihres Protagonisten und die absurden Aspekte seiner Erfahrungen. Hier und da muss zwar ein plakativer Witz herhalten. Wie Issa, ohne es zu wollen, in die Fänge der Sittenwächter gerät, wird allerdings recht amüsant erzählt. Wenig verwunderlich wirken seine sich zu moralischen Gralshütern aufplusternden Widersacher reichlich lächerlich.
Ist man es aus dem Genre der romantischen Komödie gewohnt, dass die Annäherung zwischen den Hauptfiguren einer Achterbahnfahrt gleicht, geht es in «Gaza mon amour» erst einmal nur bergab. Issas Kontaktversuche scheitern zunächst auf ganzer Linie. Nebenbei vermittelt der Film dem Publikum auch einen Eindruck davon, wie sich das Leben im von Israel besetzten Gaza-Streifen anfühlt. Regelmässig wird die Region von Raketenangriffen erschüttert. Armut ist ein grosses Thema. Und nicht wenige Menschen fragen sich verunsichert, was die Zukunft bringen wird. Die Existenzängste bündeln die Regisseure in der Figur eines Mannes, mit dem sich Issa mehrfach unterhält. Anders als der Fischer, der glaubt, sein Schicksal liege in der Heimat, will sein Gesprächspartner nach Europa gehen, um dort mit seiner Familie in einer geschützten Umgebung neu anzufangen. Ernste Töne wie diese verbinden sich mit den heiteren Elementen zu einer Genremischung mit eigenwilligem Charme.
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Kommentare
Die beiden Nasser Brüder Tarzan und Arab, die hier Regie führen, wollen sich wohl titelmäßig an die große Liebe Hiroshima anlehnen, vergreifen sich aber mit ihrer Assoziation an einer Liga, die, was die Genialität der Story, den Schnitt sowie die Kameraführung angeht, die von Gaza turmhoch überragt.
Das hier ist ein netter kleiner Film, in dem es auch unter anderem um die Liebe geht. Der Fischer Issa (Salim Daw) findet eine lebensgroße Statue des Apollo in seinem Netz mit einem voll erigierten Phallus. Ungeschickterweise bricht die Zierde der Männlichkeit ab, Issa fragt einen Experten um Rat und weil der ihn verpfeift, gerät Issa in die Arme der Polizei. Zuvor war ihm schon die Witwe Siham (Grande Dame des arabischen Films Hiam Abbass) aufgefallen. Während sich Issa mit der Polizei rumschlagen muss, streitet Siham mit ihrer Tochter Leila (Maisa Abd Elhadi) wegen des gegenseitigen sozialen Zwanges einer Hochzeit zu entkommen. Issa wird inhaftiert, hat feuchte Träume mit Siham…wird entlassen…
Damit die Zuschauer erkennen, wo wir uns geographisch genau gesehen befinden, explodiert am Horizont schon mal eine Bombe und ein Kran verlädt eine Rakete. (Titel!)
Issa fasst sich endlich ein Herz und klopft an Sihams Tür, Tochter Leila kommt dazu, alle müssen furchtbar lachen. (sic!) Schüsse deuten an, dass Issa und Siham ihr Glück allein innerhalb der Dreimeilenzone auf Issas Boot genießen…
Eine lösungsfreie Mär vom späten Glück. Wiegesagt nett isses scho.… Mehr anzeigen
Dachte, krieg einen Goût voll Gazastreifen - ist ja nicht leichtes Reiseziel.
Gedreht aber in jordanischem Flüchtlingslager, und Hafenszenen in Portugal.
Allerdings hätten das Leute aus Gaza selber nicht gemerkt.
Das Spezielle so einer 'Anbandelungsgeschichte' ist, wenn sie in Gesellschaft spielt
mit den Tabus im Geschlechterverhältnis.
Die Mutter der Hauptdarstellerin habe kurz vor ihrem Tod den Film zwar noch gesehen,
und er habe ihr gefallen - allein: Brauchte es die Kussszene? So etwas zeigen wir nicht auf der Leinwand!
meinte sie.
Die eingespielten Fernsehromanzen möchten da vielleicht zeigen, dass die Nahöstliche Gesellschaft
hier mal weiter war (ausgerechnet zu Nassers Zeiten ;-))… Mehr anzeigen
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