Gli anni più belli Italien 2020 – 129min.

Filmkritik

Eine Freundschaft fürs Leben

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Erfolg, Scheitern, Verlust – Im Generationenporträt «Gli anni più belli» folgen wir vier Italienern 40 Jahre durch das Auf und Ab des Lebens. Der Film schafft es durchaus, Empathie für seine Figuren zu wecken. Doch er verzettelt sich auch beim Versuch, seine Story stimmig in einen sozial-historischen Kontext einzubetten.

Die Geschichte von Giulio (Pierfrancesco Favino), Gemma (Micaela Ramazzotti), Paolo (Kim Rossi Stuart) und Riccardo (Claudio Santamaria) beginnt im Rom der frühen 80er-Jahren. Giulio, Riccardo und Paolo, die sich zu dem Zeitpunkt noch nicht kennen, gehen in die Discos der Stadt und geniessen die Zeit. Eines Abends führt sie das Schicksal zusammen – der Beginn der Freundschaft der drei Jungs. Wenig später stösst noch Gemma zur Clique, die für Paolo zur ersten grossen Liebe wird. Doch es kommt die Zeit, in der die Freunde auseinander driften.

In «Gli anni più belli», der im Corona-Jahr 2020 über eine Millionen Italiener in die Kinos lockte, begleiten wir die Vier auf ihrer Reise durchs Leben. Als besonders gelungen und stimmungsvoll erweisen sich jene Szenen, die in der Jugendzeit angesiedelt sind. Gabriele Muccino schildert die Phase des Erwachsenwerdens als aufwühlende und verwirrende, aber auch von Freiheit und Tatendrang geprägte Zeit, in der alles möglich scheint.

Visuell heben sich die Flashbacks vielfach durch die Verwendung farblicher Filter ab, die den Bildern etwas Verträumtes und Nostalgisches verleihen. Viele Sequenzen profitieren von dieser traumhaft-hypnotisierenden Wirkung. Aber Muccino möchte die aufregenden Jugendjahre nicht verklären oder romantisieren, aber er macht auch keinen Hehl daraus, dass mit dem Älterwerden die Probleme zunehmen. Und die Vielfalt an Lebensbereichen, in denen jene Widrigkeiten auftreten.

Waren es früher Gefühlschaos und die pubertäre Naivität, die aufwühlten und zu Schwierigkeiten führten, stehen die Freunde später vor persönlichen Herausforderungen im Job, im Familien- und im Liebesleben. Dabei ist es durchaus spannend mit anzusehen, wie sie mit all dem umgehen: mit Trennungen und Ehen, mit Verlust und Glück, beruflichen Veränderungen, finanziellen Nöten, der Geburt eines Kindes oder unverarbeiteten Konflikten.

Inhaltlich wirkt «Gli anni più belli» jedoch überladen. Denn Muccino möchte neben der Freundschaft auch noch von der jüngeren Historie Italiens sowie prägenden europäischen Ereignissen der letzten vier Dekaden erzählen. Etwa von Wirtschaftskrisen, der Berlusconi-Regierung oder dem Fall der Berliner Mauer. Doch der Film kratzt leider nur an der Oberfläche und schafft es nicht, die tiefere Bedeutung dieser Geschehnisse für die italienische Gesellschaft zu verdeutlichen. Zudem erklärt die thematische Überfrachtung die epische Länge des Films von 129 Minuten, die enorm viel Geduld und Durchhaltevermögen einfordern.

11.05.2021

3

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 3 Jahren

Geld macht nicht glücklich. Kein Geld aber noch weniger:
Erzählt aus der Perspektive dessen, der am gewieftesten die Karriereleiter hochstieg, und vom Sympathieträger dann doch zur Modell der 'Bella Figura' wird, wo die Äusserlichkeit, der Schein stimmen muss.
Erstaunlich fast die Versöhnungbereitschaft der andern.
Film wirkt, durchaus positiv, hochglanz poliert, und doch wird an dieser Oberfläche gekratzt.
Was der Haupterzähler, obgenannter, erzählt, sagt er auch uns.
Ich fand die Einblendungen nicht oberflächlich, sondern als Wegmarken, eine zeitlose Geschichte doch in einem Kontext zu verankern...Mehr anzeigen


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