Made in Italy Italien, Grossbritannien 2020 – 94min.
Filmkritik
Die Vergangenheit aufarbeiten
Das Regiedebüt «Made in Italy» des britischen Schauspielers James D’Arcy («Dunkirk») behandelt eine angespannte Beziehung zwischen einem Künstlervater und dessen Sohn, die Beide mit dem Verlust der Mutter zu kämpfen haben. Das Casting von Liam Neeson und seinem Sohn Micheàl Neeson ist dabei nicht zufällig gewählt – dessen Frau und Mutter Natasha Richardson kam 2009 bei einem Ski Unfall auf tragische Weise ums Leben.
Jack (Micheàl Neeson) arbeitet als Manager in einer Kunstgalerie die den Eltern seiner Frau gehört, steht jedoch vor dem Ende seiner Ehe. Als seine baldige Ex–Frau verkündet, dass sie die Galerie verkaufen, beschliesst dieser die Galerie selbst erwerben zu wollen. Um das Geld dafür aufzutreiben, plant er das alte Familienhaus in der Toscana zu verkaufen, welches ihm und seinem Künstlervater Robert (Liam Neeson) gehört. Beide haben sich seit dem Tod der Mutter entfremdet und begeben sich nun gemeinsam auf die Reise nach Italien um die seit Jahren leerstehende Villa aufzusuchen. Diese befindet sich jedoch in einem desolaten Zustand und bevor sie verkauft werden kann gilt es erst einmal sie von Grund auf zu renovieren, was Robert nur widerwillig tut. Bei dem Aufenthalt werden nun beide mit ihrem jahrelang unausgesprochenen Konflikt und ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Die Entscheidung des Regisseurs James D’Arcy, welcher auch das Drehbuch schrieb, eine fiktionale Aufarbeitung wahrer Ereignisse zu inszenieren mag erst einmal vielversprechend klingen – leider wird er dieser ambitionierten Aufgabe keinesfalls gerecht und bietet stattdessen seichte Unterhaltung mit melodramatischen Ausuferungen. Zwar behandelt der Film die Kunstwelt, wer jedoch künstlerischen Anspruch erwartet wird bereits ab der ersten Einstellung ernüchtert sein.
Dabei ist es durchaus mal wieder angenehm, Liam Neeson in einer geerdeten Rolle, abseits von seinen ständig gleichen Eskapaden im Action Kino, zu sehen. Er überzeugt als chaotischer und überforderter Vater Robert souverän, die Chemie zwischen ihm und seinem Sohn ist durchaus gegeben und somit eindeutig das Highlight des Films. Leider profitieren beide nicht von dem Skript, mit welchem sie arbeiten müssen. Dialoge über Hentais und Tinder nutzen sich schnell ab, viele Gags zünden nicht und bewegen sich oftmals im Bereich des Slapsticks, für die vor allem auch Micheàl Neeson herhalten muss. Dieser besitzt zudem leider noch nicht die Leinwandpräsenz seines Vaters, was dem Film oftmals zum Verhängnis wird, da seine Performance sehr viel Raum einnimmt.
Das Setting ist mit der Toscana eigentlich traumhaft schön und dennoch will überhaupt keine Atmosphäre aufkommen, was vielleicht auch an der uninspirierten Bildkomposition und Kameraarbeit liegt. Die Sets sind austauschbar und selbst die an einer Wand vollgemalte Villa bleibt seltsam farblos. Während Filme mit vergleichbarem Italien Setting wie «Call me by your Name» eine glaubhafte, belebte und authentische Szenerie bieten in der man sofort verweilen will, kann «Made in Italy» leider nur mit der Tourismus Postkarten–Ästhetik aufwarten. Zudem werden durchgehend italienische Stereotype bedient. Jack verliebt sich natürlich irgendwann in eine einheimische Köchin, deren Risotto alles andere in den Schatten stellt, ihr Mann ist jedoch ein temperamentvoller Italiener, mit dem dann noch künstlich Konflikt kreiert wird. Auch die anderen Nebencharaktere sind letztlich nichts weiter als Karikaturen, die manchmal den Eindruck erwecken, man befinde sich in einer Satire. Deren Verhalten ist oftmals nicht nur vorhersehbar, sondern auch reichlich unnötig, hätte man sich so doch nur auf die Beziehung zwischen Jack und Robert fokussieren können.
Deren Konflikt hätte aufgrund der realen Hintergründe durchaus Potenzial gehabt. Die Renovierung des Hauses als Metapher für deren persönliche Aufarbeitung sowie pathetische Erkenntnisse über Versäumnisse in der Vergangenheit reichen da jedoch einfach nicht aus. Wenn es dann schlussendlich zu emotionalen Ausbrüchen von Jack und Robert kommt, so ist das oftmals zu viel des Guten. Auch wenn der aufdringliche Soundtrack es verzweifelt versucht grosse Gefühle zu transportieren, emotional ist man viel weniger involviert als es die Intention gewesen sein muss – man wünscht sich eher sofort die seichten Unterhaltungseinlagen zurück.
Trotz der stellenweise unterhaltsamen Darstellung und einem gewohnt guten Liam Neeson überzeugt «Made in Italy» weder als reine Komödie noch als Drama – zu uninspiriert kommt dieses Regiedebüt daher. Wenn man sich mit seichter Unterhaltung und dramatischem Kitch anfreuden kann wird man dem Film vielleicht etwas abgewinnen können – am meisten profitieren aber wahrscheinlich die Hauptdarsteller selbst von diesem hoffentlich therapeutischen und sicherlich unterhaltsamen Dreh in der Toscana. Der Zuschauer schien dabei eher nebensächlich zu sein.
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