The Last Duel Grossbritannien, USA 2020 – 153min.
Filmkritik
Ein Duell der Geschlechter
Ridley Scott kehrt mit «The Last Duel» zu seinen grössten Erfolgen zurück, Historienfilmen und Feminismus. Das Resultat ist ein schwülstiges Spektakel, das beweist, dass Männer schon seit über sieben Jahrhunderten Schweinehunde sein können.
Während des hundertjährigen Kriegs findet in Frankreich das letzte sanktionierte Duell des 14. Jahrhunderts zwischen zwei Nobelmännern, Jean de Carrouges (Matt Damon) und Jacques Le Gris (Adam Driver) statt, um die Ehre von Carrouges Ehefrau Marguerite (Jodie Comer) zu retten. Sie beteuert, von Le Gris brutal sexuell genötigt worden zu sein. Er behauptet, sie nie angefasst zu haben. Wie der Film in den Erzählungen aller drei Hauptfiguren aufzeigt, verbindet die beiden Männer eine langjährige Freundschaft. Die Beziehung der beiden Männer, das Patriarchat und das damalige französische Gesetz, das Frauen als Besitz ihres Ehemannes behandelte, erschweren es Marguerite, Gerechtigkeit zu erhalten.«The Last Duel» ist eine lose Adaption von Eric Jagers Buch und das erste gemeinsame Autoren-Projekt von Ben Affleck und Matt Damon, seit die beiden vor 23 Jahren Jahren für ihr Script zu «Good Will Hunting» den Oscar gewannen. Mit Regisseur Ridley Scott an Bord war der Druck gross, ein gutes Drehbuch abzuliefern und da sich diese Geschichte eigentlich um eine Frau dreht, die vergewaltigt wird, heuerte das Duo Nicole Holofcener, eine der besten Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen Hollywoods (Enough Said, Friends With Money) an, um «die Szenen mit dem Mädchen» zu schreiben, wie sie es in einem Interview beschrieben hat. Im Zeitalter der #MeToo Bewegung eine gute Entscheidung, vor allem da Jagers Buch, wie die Geschichte des Mittelalters an sich, ausschliesslich aus dem Blickwinkel der Männer erzählt wurde. Holofcener musste Lady Marguerites Perspektive also von Grund auf kreieren.Die Ereignisse werden, ganz im Stil des japanischen Kultfilms «Rashomon», aus drei verschiedenen Blickwinkeln, Jeans, Jaques und Marguerites, erzählt. De Carrouges ist der Erste und gleichzeitig der Schwerfälligste. Seine Hintergrundgeschichte dient dazu, seine Beziehung mit Le Gris zu etablieren, mit dem er lange Jahre Seite an Seite für König Charles VI (Alex Lawther) gekämpft hat und dem er sogar das Leben rettete. Als der hintertriebene Graf Pierre d’Alençon (Ben Affleck) Le Gris zu seinem Schützling macht, wird ein Keil in die Freundschaft getrieben.Charismatischer und relaxter, aber genau so egoistisch ist die Sicht von Jacques Le Gris, der gutaussehende Nobelmann mit Goatee und wallendem Haar. Zunächst ist er Jeans bester Freund, bis er von d’Aleçon zu dessen Protegé gemacht wird. Driver spielt Le Gris als wäre er ein charmanter Lord Byron, aber der platinblonde Affleck ist es, der in diesem Film den ganzen Spass hat. Er heisst Le Gris zu einer seiner Orgien mit dem Spruch «Komm rein, zieh deine Hosen aus» willkommen. Dass Hosen damals noch gar nicht als solche existierten, spielt keine Rolle.Das weitaus spannendste ist aber das dritte Kapitel, das die Ereignisse aus Marguerites Blickwinkel erzählt und das die feudale männliche Perspektive der früheren Kapitel völlig in Frage stellt. Nur, wenn wir endlich realisieren, dass es sich bei diesem Film um eine mittelalterliche #MeToo Geschichte handelt, sind wir mit so viel Gewalt und Schwulst überhäuft worden, dass der Kern dieser Geschichte beinahe verloren geht. Marguerites Erlebnisse alleine wären faszinierend genug, um einen Film zu füllen, ohne das grandiose Spektakel männlicher Eitelkeit, das uns Regisseur Ridley Scott auftischt, der uns mit seiner Bildsprache an frühere Erfolge wie «Gladiator» erinnern will. Aber irgendwann im dritten Akt sind wir dem konstanten Nebel, der Schlammschlacht und Matt Damons schrecklicher Frisur überdrüssig. Egal wie schlimm unser Leben auch sein mag, am Schluss können wir uns glücklich schätzen, nicht im 14. Jahrhundert geboren worden zu sein. Vor allem als Frau. Es gibt nur wenig, das Marguerite in dieser Geschichte nicht über sich ergehen lassen muss, in einem Film, der uns zwingt, eine brutale und sensationslüsterne Vergewaltigungsszene nicht nur ein-, sondern zweimal anzusehen. Es ist unklar, welches Ziel der Film verfolgt, denn um eine Welt, in der Frauen entmachtet und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, anzuprangern, widmet er Marguerite viel zu wenig Aufmerksamkeit.
Dein Film-Rating
Kommentare
Dreimal das gleiche aus unterschiedlichen Sichtweisen. Perspektivwechsel bringt andere Sichtweisen. Interessant die Schwiegermutter: Als sie gegen Schluss von sich zu erzählen beginnt, wird die unsympathisch abweisend gezeigte aus ihrer Sicht doch auch verständlich. Andersrum: Am Patriarchat sind nicht nur die Männer schuld. (...welche Rolle spielen die Mütter von Machos?)
So gedreht, geschnitten, dass die mehrfach gezeigten Szenen doch nicht nur Wiederholung sind, sondern wirklich mit andern Augen gesehen...… Mehr anzeigen
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung