Und morgen seid ihr tot Schweiz 2020 – 115min.
Filmkritik
In der Hand von Extremisten
Es ist eine wahre Geschichte, die hier erzählt wird. Das macht sie um so prägnanter, weil sie die Öffentlichkeit sehr beschäftigt hat – und weil etwas passierte, das es so vorher nie gegeben hat.
Ein Schweizer Paar macht Ferien entlang der Seidenstrasse, gerät jedoch in die Hände der Taliban. Die Geiselnehmer fordern die Freilassung einiger ihrer Kampfgefährten – und natürlich Geld. Die Schweiz als neutraler Staat hat wenig Handlungsspielraum, weswegen die Eltern des Pärchens alles daransetzen, die zwei aus den Fängen der Gotteskrieger zu befreien. Doch letztlich liegt es an dem Pärchen selbst, sich zu helfen. Sie planen eine riskante Flucht, doch kann diese überhaupt gelingen? Niemals zuvor sind Geiseln islamistischer Fundamentalisten jemals selbst entkommen …
Der Film wurde in Rajasthan in Indien gedreht, zudem in Zürich und im Aargau. Danach musste man die Produktion nach Sierra Nevada im südlichen Spanien verlegen, weil eine Rückkehr nach Indien wegen der COVID-19-Pandemie unmöglich war.
Regisseur Michael Steiner hatte so mit einigen logistischen Herausforderungen zu kämpfen, aber auch die Geschichte selbst forderte Tribut. Sie ist emotional und mitreissend erzählt, wobei Steiner den Fokus auf das Pärchen legt, aber auch mit unerwarteten Momenten aufwartet. Sehr interessant ist die Beziehung, die sich zwischen den beiden Schweizern und dem Anführer der Taliban-Gruppe ergibt. Hier gibt sich der Film vielschichtig. Überhaupt versucht er, seine Geschichte nicht einseitig zu erzählen, was angesichts der Gräuel, um die es hier geht, alles andere als leicht ist.
Denn das Paar muss jeden Tag miterleben, wie Frauen von den Taliban behandelt werden und wie Gewalt das Leben bestimmt. Schon allein deswegen steht man natürlich auf Seiten des Ehepaars. Man hofft und bangt mit ihnen mit, immer wissend, dass hier eine sehr persönliche Geschichte erzählt wird, an der die wahren Vorbilder noch immer zu kauen haben. Gerade diese Direktheit ist es aber auch, die Und morgen seid ihr tot so effektiv macht. Dies ist ein hervorragend strukturierter, in seiner Erzählform durchaus komplexer Film, der die Naivität der beiden Schweizer auf die Skrupellosigkeit der Taliban stossen lässt.
Es ist eine albtraumhafte Geschichte, die gegen alle Erwartungen ein Happyend hat. Etwas, das vielen, denen es ähnlich ging wie diesem Pärchen nicht vergönnt gewesen ist. Allein deswegen schon ist der Film wichtig und mutig, weil er das Augenmerk auf Einzelschicksale richtet, was in einer Zeit, in der die Taliban in Afghanistan wieder die Macht erlangt haben, umso wichtiger ist.
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Kommentare
Grossartiger Film. Genauso grossartig gespielt - sehr überzeugend und glaubhaft. Der Fokus lag voll auf den beiden Hauptdarstellern und das war auch richtig so. Natürlich hätte man auch noch andere Perspektiven vertiefen können, aber dann wäre der Film zu lange geworden und hätte an Intensität verloren. Eine beeindruckende Leistung aller Beteiligten.… Mehr anzeigen
Zuletzt geändert vor einem Jahr
"Und morgen seid ihr tot" ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. In das wahre Drama der Entführung der beiden Schweizer wird vieles hineingepackt, aber dadurch auch vieles nur sehr oberflächlich erzählt/angedeutet. Themen wie die Uneinigkeit der Familie mit den Diplomaten, die Berichterstattung der Presse bekommen zu wenig Raum. Zudem sind auch die Bilder der Gefangenschaft zu wenig eindrücklich oder erschütternd. Schade.… Mehr anzeigen
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