The 355 China, USA 2021 – 124min.
Filmkritik
Agentinnen auf Abwegen
Agentenfilme über schlagkräftigen Männer gibt es viele. Überschaubar wird es allerdings, wenn man nach ebenbürtigen Spioninnen sucht. Der Actionthriller «The 355», den Hauptdarstellerin Jessica Chastain als Produzentin auf den Weg brachte, will nun Abhilfe schaffen, klammert sich aber zu oft an altbekannte Rezepturen.
Als Antwort auf James Bond und Jason Bourne gedacht, allerdings in Form eines divers aufgestelltes Ensemblestücks entworfen, das Agentinnen aus mehreren Ländern zusammenführt: Die Eckpfeiler von «The 355» klingen spannend, zumal der Film mit geballter weiblicher Schauspielpower auftrumpfen kann. Jessica Chastain verkörpert die durchsetzungsfähige CIA-Spionin Mace Brown, die mit ihrem guten Freund und Kollegen Nick Fowler (Sebastian Stan) nach Paris reisen soll, um dort den kolumbianischen DNI-Agenten Luis Rojas (Édgar Ramírez) zu treffen, der bei einer Razzia in den Besitz eines zerstörerischen Hackerprogramms gelangt ist. Das Hightech-Instrument, das beispielsweise die Stromversorgung ganzer Nationen lahmlegen kann, will er für drei Millionen Dollar an die US-Behörde verkaufen.
Die Übergabe, vor der es in einem überflüssigen Schlenker zu einer Bettgeschichte zwischen Mace und Nick kommt, endet jedoch im Chaos, weil die deutsche BND-Spionin Marie Schmidt (Diane Kruger) unverhofft ins Geschehen eingreift. Luis behält zwar zunächst das Objekt der Begierde, erleidet auf der Flucht mit der plötzlich auftauchenden DNI-Psychologin Graciela (Penélope Cruz) aber ein blutiges Schicksal. Auf der Jagd nach dem gefährliche Tool, das sich daraufhin in Händen finsterer Kräfte befindet, schliessen sich Mace, Marie, Graciela und die Technikexpertin Khadijah (Lupita Nyong’o) irgendwann zähneknirschend zusammen.
Der Moment, in dem sich die Frauen auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, strotzt nicht gerade vor Überzeugungskraft. Immerhin lässt sich die bis dahin als hypermisstrauische Einzelkämpferin eingeführte Marie allzu leicht zum Mitmachen bewegen. Haben Regisseur Simon Kinberg («X-Men: Dark Phoenix») und Ko-Drehbuchautorin Theresa Rebeck ihre Protagonistinnen jedoch einmal zu einer Einheit geformt, entwickelt «The 355» dank der Hauptdarstellerinnen ausreichend Energie.
Besonders hervortun kann sich trotz einer allgemein dünnen Charakterzeichnung Diane Kruger, die als Badass-Agentin ordentlich auf den Putz haut. Schwierig hat es hingegen Penélope Cruz, deren Figur lange nur als Stichwortgeberin fungiert. Einen guten Grund für Gracielas Teilnahme an der Suche rund um den Globus gibt es ab einem gewissen Punkt übrigens nicht mehr. Wenig raffiniert presst das Skript zudem die chinesische Spionin Lin Mi Sheng (Bingbing Fan) in die arg konventionell gestrickte, eine zentrale Wendung viel zu offensichtlich ankündigende Geschichte hinein. Originelle inhaltliche Akzente bleiben aus. Fans knackiger, dynamisch arrangierter Kampf- und Verfolgungsszenen kommen dafür allerdings auf ihre Kosten. Auch wenn die Fights, teilweise in feiner Abendgarderobe durchgezogen, keinen bahnbrechenden Charakter haben – mitreissend-intensiv sind sie allemal.
Dein Film-Rating
Kommentare
Die 5 Mädels, die hier ihre Kontrahenten versohlen punkten durch Schlagkraft, Schuss Sicherheit und Attraktivität. Regisseur Kinberg serviert sie uns optisch vom Feinsten. Kleine Unterschiede in der Persönlichkeitsstruktur gibt es nur bei Graciela (Penelope Cruz), als Mutter und Psychologin und Marie Schmidt (Diane Krüger) mit ostdeutscher Vergangenheit (BND). Die anderen sind Vertreterinnen verschiedener Geheimdienste. Alle wollen eine Superdisk, mit deren Hilfe die Sicherheitssysteme der Welt ausgeschaltet werden können. Das Objekt der Begierde wechselt mehrmals den Besitzer. In einem äußerst actionreichem Verlauf stoßen noch Mace (Jessica Chastain) und Lupida Nyong’o (Khadijah Adiyeme) dazu, die für diverse Geheimdienste arbeiten. Mace hat eine Verhältnis mit Kollege Nick. Das schafft Abwechslung aber auch Verwirrung.
Erst in der Endphase wird Lin Mi Sheng (Fan Bingbing) als Vertreterin Chinas die Mädels unterstützen und als Auktionatorin fungieren.
Die Klopperei geht so flott von der Hand, dass es eine Freude ist dem wüsten Geschehen zuzuschauen. Bloß am Ende fand es der Regisseur schwierig einen Schluss zu finden. Den Tod der übergeordneten Verantwortlichen kann man noch verkraften, auch die angedrohte Ermordung von geliebten Partnern, doch mit dem Wiederauftauchen des tot geglaubten Nick (Sebastian Stan) wird’s kryptisch. Beförderung hin oder her. Und die Versammlung der 5 Parzen in Nicks Haus und sein vages Ende verderben den Thrill. Hauptsache alles wieder F.F.E. ein unnötiges Anhängsel dieses überaus spannenden Films. Und wer sind/ist die 355?… Mehr anzeigen
Sinnlose Action ab der ersten Minute, unlogische, schlecht erzählte Story nach der dritten Minute, Ausartung in einen klischeemässigen "Frauenpower" Streifen nach ca. 20 Minuten. Überzeugte oder packte keine Sekunde lang. Anmerkung: Bei "Drei Engel für Charlie" stimmte die Chemie und Story - hier nicht. War froh das Kino nach der Pause zu verlassen.… Mehr anzeigen
Zuletzt geändert vor 2 Jahren
„The 355“ von Simon Kinberg ist kein schlechter Film, wirklich gut ist er aber auch nicht. Stattdessen bietet das Werk solide Unterhaltung für Fans des Genres, jedoch ohne grossartige Alleinstellungsmerkmale oder erwähnenswerte Höhen.
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