Cyrano Grossbritannien, USA 2022 – 123min.

Filmkritik

Die Liebe ist nicht blind

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Die neueste Verfilmung dieser alt-bekannten Geschichte ist ein Musical, durch dessen langweiligen Soundtrack sich Cyrano-Darsteller Peter Dinklage leichtfüssig tanzt, singt und mit dem Schwert ficht.

Der kleinwüchsige Dichter Cyrano (Peter Dinklage) verliebt sich in die schöne Roxanne (Haley Bennett). Wegen seiner körperlichen Behinderung fühlt er sich ihr aber nicht würdig. Roxanne wird nicht nur vom reichen und furchterregenden DeGuiche (Ben Mendelsohn) umworben, sie hat sich ihrerseits in den jungen, gut-aussehenden Soldaten Christian (Kevin Harrison Jr.) verguckt. Als Roxanne von Christian mehr als nur ein hübsches Äusseres erwartet, bildet dieser mithilfe von Cyranos schönen Worten den scheinbar perfekten Liebhaber.

Wer dem Buch «Seven Basic Plots» von Christoph Booker glaubt, dann gibt es nur sieben Geschichten auf dieser Welt, die auf diese oder andere Weise wiedererzählt werden. Diese These würde erklären, weshalb wir eine weitere Verfilmung von «Cyrano de Bergerac» von Edmond Rostand aus dem 19. Jahrhundert brauchen. Alleine auf der Internet Movie Data Base IMDB finden sich 19 Filmreferenzen zu diesem klugen Poeten, der sich der Liebe seiner Angebeteten unwürdig fühlt. Wer die 20. Version dieser Geschichte in Angriff nimmt, hat bestimmt eine originelle Wendung bereit. In diesem Falle gestalten die Filmemacher aus der alt-bekannten Geschichte ein Musical. Eine gute, wenn auch nicht ganz neue Idee, denn Musicals über Cyrano DeBergerac fanden schon 1973 und 1993 ihren Weg zum Broadway.

Regisseur Joe Wright, dessen Resumé mit grossartigen Filmen wie «Atonement» oder «Pride and Predjudice» bis zu unnötigen Projekten («The Woman in the Window», «Pan») gespickt ist, macht «Cyrano» zu einem visuellen Spektakel. Seine Version spielt im späten 17. Jahrhundert in Italien. Die grandiosen Sets sind auf mittelalterlichen Burgen inmitten des Ozeans angesetzt oder tauchen licht-durchflutete Schlafzimmer in opulente Pastelltöne. Die Sing- und Tanznummern gipfeln in voll-gedrängten, übertrieben-theatralischen Nummern, die einen nur schon beim Zusehen müde machen. Die Becker machen nicht nur Brot, sie kneten den Teig in Form einer Leinwand-füllenden Ballettnummer, wie wir sie aus den Filmmusicals der 40er-Jahre kennen.

Cyranos Geschichte der unerwiderten Liebe könnte ein grossartiges Musical abgeben, das die überschwänglichen Gefühle seiner Protagonisten mit komplexen Melodien und grandiosen Arrangements widerspiegelt. Aber die Musik von «Cyrano» fühlt sich flach und emotional abgekoppelt an. Die Lieder von Bryce und Aaron Dessner von der Ska-Band The National sind nicht im Musical Genre angesiedelt und unterbrechen den Fluss der Gefühle der Charaktere mehr, als dass sie ihn unterstützten. Da der Film auf einem Musical von Erica Schmidt, der Frau des Hauptdarstellers basiert, das 2018 off-Broadway aufgeführt wurde, hätte sich die Gelegenheit gegeben, die Musik für den gross-angelegten Film anzupassen. Stattdessen werden Cyranos tiefschürfende Gefühle durch monotone Balladen wie «Madly» minimalisiert.

Das Highlight des Films ist aber sein Hauptdarsteller. Peter Dinklage als Cyrano schwelgt in den Emotionen und dem inneren Zwiespalt und bringt tänzerische Leichtigkeit zu den Action-Szenen. Sein Gesicht und die mit Tränen erfüllten Augen, als ihm Roxanne offenbart, dass sie einen anderen liebt, sind ein schauspielerisches Meisterstück und machen alleine den Kinobesuch wert.

28.02.2022

3

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